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Zuschauerstatistik: Alt, älter, ARD

Während der "Durchschnittsdeutsche" 43 Jahre alt ist, zählt der "Durchschnittsfernsehzuschauer" 51 Lenze - und wird immer älter.

Was die Zukunft en détail bringt, ist ungewiss. Da tut es gut, wenn zwei Fakten gewiss sind: Das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung wächst, so weist es das Statistische Bundesamt aus, parallel nimmt das Durchschnittsalter der Zuschauer der Fernsehsender zu. Der „Durchschnittsdeutsche“ ist knapp 43 Jahre alt, der „Durchschnittszuschauer“ acht Jahre älter. Im vergangenen Jahr war er noch 50 Jahre jung, aber die Dynamik in den Bevölkerungsgruppen zeigt: In dem Maße, in dem die Umfänge der Altersgruppen unter 20 Jahren und der 20- bis 40-Jährigen sanft, aber beharrlich abnehmen, in dem Maße wachsen die Altersgruppen zwischen 40 und 60 Jahren, 60 und 80 und über 80 Jahre.

Alter der Fernsehzuschauer
Alter der Fernsehzuschauer

© Tsp

Das muss Einfluss auf das Durchschnittsalter der Fernsehzuschauer haben. Fern sieht, wer Zeit und viel Freizeit hat – und das sind nun mal die jungen Alten und die Senioren. Dazu kommt das gelernte Fernsehverhalten: Wer älter als 40 Jahre alt ist, der ist länger mit ARD und ZDF aufgewachsen als mit RTL & Co. Und weil das heutige Fernsehen ein Nachfragemedium ist, fühlt sich das ältere Publikum bei den öffentlich-rechtlichen Sendern deutlich wohler. Am krassen Beispiel simplifiziert: Der „Musikantenstadl“ der ARD kommt beim „Popstars“-Sender Pro Sieben nicht vor – umgekehrt eine Castingshow im Ersten nicht stattfindet.

So kommt es, wie es kommen muss: Die „Heimatsender“, die Nahbereichsprogramme der ARD, die Dritten sind in diesem heißen Juni die erfolgreichsten Programme im deutschen Fernsehen. Gewollt oder nicht, haben sie auch die durchschnittlich ältesten Publika (siehe Grafik). Das Bayerische Fernsehen und das Fernsehen des Südwestrundfunks liegen mit 62 Jahren an der Spitze. Auch die Mainzelmänner sollten besser als Mainzelsenioren bezeichnet werden: 61 Jahre alt ist der ZDF-Zuschauer im Schnitt, im vergangenen Jahr war er noch 59 Jahre alt. Die Verjüngungsoffensive des Zweiten ist nicht nur nicht stecken geblieben, sie hat sich in einen Narhalla-Marsch ins Rentnerheer verwandelt.

Die Werbewirtschaft – oder war’s das werbefinanzierte Privatfernsehen? – hat die Menschheitskategorie der 14- bis 49-Jährigen erfunden. Menschen, die ihr Leben beginnen auszustatten oder gerade umgestalten, über Bares verfügen und in ihren Konsumentscheidungen wunderbarerweise von Werbung zu beeinflussen sind. Ein Privatsender hat sich im Jahresvergleich aus dieser Zielgruppe verabschiedet. Sat 1 meldet bei seinen Zuschauern ein Durchschnittsalter von 51 Jahren, 2006 lag es bei 49 Jahren. Damit sind die akuten Akzeptanzprobleme des Berliner Privatsenders nicht hinreichend erklärt, illustriert sind sie schon. Von den Vollprogrammen im deutschen Fernsehen ist Pro Sieben das jüngste, 36 Jahre ist dessen Publikum im Schnitt alt.

Ob es an der heftigen Börsenberichterstattung liegt? Jedenfalls sind die Zuschauer der privaten Nachrichtenkanäle n-tv und N 24 deutlich jünger als das Publikum der mit Nachrichten und Informationen gesättigten Kanäle ARD und ZDF. Phoenix wird es freuen, dass es mit 55 Jahren ein derart junges Publikum hat, dass es im Segment der öffentlich-rechtlichen Angebote glatt das zweitjüngste ist. Nur die Zuschauer des Kinderkanals, des Kika, sind jünger. 25 Jahre? Dieses Kuriosum resultiert aus dem statistischen Mittel. Denn Kika sehen Kinder, deren Eltern und die in der Nachwuchspflege diensthabenden Großeltern. Joachim Huber

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