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Meinung: Abschied vom Kassenwart

Mit Ehrenamt verbinden viele Vereinsmeierei und verkrustete Strukturen. Nur eines nicht: Ehre.

Mit Ehrenamt verbinden viele Vereinsmeierei und verkrustete Strukturen. Nur eines nicht: Ehre. 22 Millionen Deutsche schreckt das nicht ab, ein Drittel der Bundesbürger engagiert sich. Von den restlichen zwei Dritteln wären 40 Prozent dazu bereit, wenn man sie ansprechen würde. Das zu tun, war das Ziel des UN-Jahres der Freiwilligen, das gestern zu Ende gegangen ist. 365 Tage lang wurde präsentiert und debattiert, gedankt, gelobt und appelliert.

Konkret wurden hier zu Lande aber nur kleinste rechtliche Korrekturen vorgenommen. Arbeitslose können jetzt mehr als 15 Stunden pro Woche ehrenamtlich arbeiten, ohne ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Die steuerfreie Übungsleiterpauschale wurde erhöht, und neben der stationären fördern die Krankenkassen künftig auch ambulante Hospizarbeit. Jedoch: Große Reformen blieben aus. Die Neuregelung des Stiftungsrechts ist nicht abgeschlossen. Nach wie vor können Unkosten nicht von der Steuer abgesetzt werden, und ehrenamtliche Arbeit zählt für die Rente nicht.

Finanzielle Anreize sind aber gar nicht das Wichtigste, sagen die Verbände. Auch der Appell ans Gewissen und das Beschwören der Zivilgesellschaft zielt vor allem an jungen Leuten vorbei. Sie wollen sich nicht lebenslang als Kassenwart verpflichten, sondern spontan kurzfristige Ziele verfolgen, wenn es geht Spaß haben und sich zusätzlich qualifizieren. Eine Schule fürs Leben, für die viel beschworene "emotionale Intelligenz" ist das freiwillige Engagement allemal, egal ob im Krankenhaus, im Stadtteilzentrum, bei den Globalisierungsgegnern oder beim Fußballverein. Aber nur, wenn die Ehrenamtlichen nicht bloß zum Kaffeekochen abgestellt werden, sondern Verantwortung übernehmen und Ideen entwickeln können.

Durch professionelle psychologische Schulung, Management-Lehrgänge oder Sprachkurse könnte man den Ehrenamtlichen zusätzliche Qualifikationsmöglichkeiten bieten, die sich später auch im Zeugnis oder beim Bewerbungsgespräch sehen lassen können. Vorausgesetzt, Ausbilder machen noch mehr als bisher neben den fachlichen Qualifikationen soziales Engagement zum Einstellungskriterium. Dann wäre das Ehrenamt tatsächlich wieder eine Sache der Ehre. Sogar für diejenigen, bei denen die hehre Moral nicht an erster Stelle steht.

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