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Meinung: Ach, Aufschwung

Von Carsten Brönstrup

Jetzt kommt der Merkel-Aufschwung. Die Unternehmen verfallen beinahe in Euphorie und sind optimistisch wie seit langem nicht, so rasch kommen derzeit neue Aufträge herein, so gut entwickeln sich der Export und neuerdings auch die Binnennachfrage. Moment mal, mahnt die Regierung Merkel, so gut, wie alle erwarten, wird es mit der Konjunktur in diesem Jahr wohl doch nicht laufen: Statt von knapp zwei Prozent Wachstum wie die meisten Experten geht sie von nur rund 1,4 Prozent in diesem Jahr aus.

Sie wird wissen, warum sie so zurückhaltend ist – Minister Michael Glos hat es im Jahreswirtschaftsbericht von seinen Beamten aufgeschrieben bekommen: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer Anfang 2007 um drei Punkte ist ein echter Konjunkturkiller, das wird nun immer deutlicher. Die aktuelle Aufbruchstimmung im Land hat deshalb keine Chance, sich auf Dauer in den Köpfen von Managern und Beschäftigten festzusetzen. Da helfen auch die vorgezogenen Käufe der Verbraucher in diesem Herbst nicht. Dazu ist der Staat zu gierig, allen gut gemeinten Milliarden-Investitionsprogrammen zum Trotz. Die Risiken für das Wachstum – sei es der wieder hohe Ölpreis, seien es die bald steigenden Leitzinsen der Europäischen Zentralbank, sei es die anstehende Tarifrunde in der Metallindustrie – wiegen deshalb schwerer, als sie es in Boom-Zeiten wie diesen müssten. Die Koalition ist drauf und dran, die größte Chance der vergangenen Jahre auf einen stabilen Aufschwung, der auch den Arbeitslosen nützt, zu verspielen.

Schuld daran sind die falschen Prioritäten von Schwarz-Rot. Die Regierung verteilt mit Blick auf den Koalitionsfrieden lieber Wohltaten unter den Bürgern und stopft mit frischem Steuergeld ihre Haushaltslöcher, als dass sie der Wirtschaftsentwicklung ungestört ihren Lauf lässt. Das könnte 2007 zu der absurden Situation führen, dass die Bundesrepublik die Maastricht-Schuldengrenze locker unterbietet – bei einem kümmerlichen Wachstum von nicht einmal einem Prozent. Eine verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. Union und SPD müssen es sich selbst zuschreiben, wenn aus dem Merkel-Aufschwung schon in wenigen Monaten der Merkel-Abschwung wird.

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