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Ägypten nach Mubarak: Der Fall einer anderen Mauer

Das Wunder von Kairo wird Schule machen. Im gesamten Nahen und Mittleren Osten gärt es. Die arabische Welt steht vor einer historischen Zeitenwende, auch wenn der Weg zur Demokratie lang und steinig ist.

Über Ägypten lächeln wieder die Götter. Das Volk hat seinen Pharao besiegt. Mit einer geradezu übermächtigen Anstrengung stießen die Menschen ihren Ewig-Herrscher Hosni Mubarak nach 18 Tagen Kampf vom Thron. Zum ersten Mal haben Millionen am Nil nun am eigenen Leib erfahren, was Freiheit, Würde und Solidarität bedeuten. Und sie genossen die erste Prise eines Lebens ohne Angst und ohne Willkür. Das Land gehört uns allen, riefen sie auf ihren Protestzügen. Und sie haben es sich zurückerobert, mit Opferwillen und Mut, mit Humor und Charme. Bürgerwehren vertrieben mit vorbildlichem Nachbarschaftsgeist die nächtlichen Plünderer des Regimes aus ihren Vierteln. Selbst gedungenen Horden mit Pferden und Kamelen boten die Demonstranten die Stirn. Die Hetzkampagnen der staatlichen Medien blieben ohne breites Echo. Und am Ende zog der Millionen-Jubel auf dem Tahrir-Platz die ganze Welt in seinen Bann.

Das Wunder von Kairo aber wird Schule machen. Im gesamten Nahen und Mittleren Osten gärt es, selbst in den reichen Ölstaaten haben es die Menschen satt, sich von korrupten Herrschern und selbstherrlichen Autokraten gängeln zu lassen. Sie wollen ihr Leben selbst bestimmen, sie wollen eine Zukunft in Freiheit für sich und ihre Kinder. Und sie wissen aus Satellitenfernsehen und Internet, wie ihre Altersgenossen in Europa oder den Vereinigten Staaten leben. Die arabische Welt steht vor einer historischen Zeitenwende: Sie erlebt dieser Tage ihren eigenen Fall der Mauer – einer Mauer aus Machtmissbrauch und Polizeiterror, aus Ignoranz und erzwungener politischer Unmündigkeit. Kein Regime der Region wird sich diesem Sog entziehen können. Kein Regime wird künftig mehr in der Lage sein, jedes Aufmucken der Untertanen von vornherein durch Polizeigewalt und Folter zu ersticken.

Der Weg zur Demokratie ist ohne Zweifel lang und steinig. Das tunesische und ägyptische Volk haben sich jetzt aufgemacht. Und viele andere werden in den nächsten Monaten folgen.

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