zum Hauptinhalt
Die Zahl der Spielhallen in Berlin hat sich von 2006 bis 2010 um 32 Prozent erhöht.

© dpa

Immer mehr Spielhallen in Berlin: Überall einarmige Banditen

In Berlin schießen seit der Neufassung des Gewerberechts 2006 Spielhallen wie Pilze aus dem Boden - es gibt zu viele von ihnen. Ein Kommentar.

Die Zahl der Spielhallen in Berlin hat sich von 2006 bis 2010 um 32 Prozent erhöht, die Zahl der dort aufgestellten Geldgewinnspielgeräte ist um beachtliche 65 Prozent gestiegen. Und dies sind nur die offiziellen Zahlen der legalen Spielhallen.

Neben dem strafbaren illegalen Betrieb von Spielhallen und Straftaten wie Geldwäsche und Betrug und Steuerdelikten kommt es im Zusammenhang mit Spielhallen auch zu schwereren Straftaten wie räuberischer Erpressung und sogar Raubmord. Kaum eine Woche vergeht ohne Berichte über Raubüberfälle auf eines der fast 400 Berliner Spielcasinos.

Spielhallen sind längst bevorzugte Objekte von Raubüberfällen geworden – mit drastischer Steigerungsrate. Während Raubüberfälle in Berlin im Jahre 2008 insgesamt zurückgegangen sind, war bei Spielhallen eine erstaunliche Steigerung um 74 Prozent zu beobachten. Im Folgejahr 2009 haben die Überfälle auf Spielhallen nochmals um 15 Prozent zugenommen. Abgesehen vom öffentlichen Straßenland sind Spielhallen jetzt unangefochten die Nummer eins unter den Raubtatorten. Gut die Hälfte dieser Gewalttaten erfolgt unter Einsatz von Schusswaffen; mehr als zwei Drittel der Opfer sind Frauen.

Damit stellt sich die Frage, worin die Ursache für einen derartigen Anstieg der brutalen Überfälle auf Spielhallen liegt. Ein explosionsartiger Anstieg von Beschaffungskriminalität Spielsüchtiger scheint eher fernzuliegen – deren Zahl hat schließlich nicht entsprechend zugenommen. Erklärungsansätze bietet aber ein Blick auf die Regulierung der Spielhallen, die dem allzu freizügigen Gewerberecht des Bundes unterliegen. Offenbar ist der Spielhallenmarkt für Investoren jedweden Zuschnitts derart interessant geworden, dass hier Revieraufteilungskämpfe am Platze sind.

Seit langem schon fordert die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus vom Senat, dem Spielhallenwildwuchs Einhalt zu gebieten. Sie hat hierzu mit ihrem Entwurf eines Spielhallengesetzes im September einen eigenen Vorschlag gemacht. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass es nur eine Spielhalle pro 50 000 Einwohner, berlinweit also weniger als 70 Spielhallen geben darf. Der Bezirk Reinickendorf erarbeitet überdies unter Führung des CDUStadtrates Martin Lambert ein Spielhallenkonzept, um zu verhindern, dass wertvolle Flächenpotenziale für Betriebe und Unternehmen verloren gehen. Dort sind Betriebe erwünscht, die seriöse Arbeitsplätze bereitstellen, und keine zwielichtigen Vergnügungsstätten.

Andreas Gram
Andreas Gram

© promo

Der mit reichlicher Verspätung im November vom Senat vorgeschlagene Weg, die Vergnügungssteuer von elf auf dann 20 Prozent zu erhöhen, wirkt hingegen nicht gegen Spielhallen, sondern befördert eher noch den Wildwuchs illegaler Spielhöllen. Nach Aussage von Dirk Lamprecht, dem Geschäftsführer des Automatenwirtschaftsverbandes (AWI), gibt es in Baden-Württemberg Gemeinden, die sogar 25 Prozent Vergnügungssteuer erheben; dennoch würden selbst dort immer mehr Spielstätten eröffnet. Vielmehr steht jetzt zu befürchten, dass die geplante Steuererhöhung dazu führen wird, dass legale Spielstätten aufgeben müssen, weil sich legale Automatenbetreiber die Steuererhöhung nicht werden leisten können. Auch nach der Steuererhöhung werden aber weiterhin und nahezu ungebremst illegale Spielstätten entstehen.

Die Entscheidung, die Vergnügungssteuer zu erhöhen, kommt damit einer Kapitulation vor der Spielhallenflut gleich. Der Senat scheint entschlossen zu sein, dem Land nicht nur wieder ein weiteres Placebo zu verschreiben, sondern beabsichtigt offenbar, an der Spielsucht auch noch zu verdienen. Wollte der Senat sie wirksam bekämpfen, würde er das Spielhallengesetz der CDU-Fraktion unterstützen.

Der Autor ist stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus und Vorsitzender des Rechtsausschusses.

Andreas Gram

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false