zum Hauptinhalt
Ehemaliger CSU-Pressesprecher Michael Strepp

© REU

Kolumne "Ich habe verstanden": Manche Menschen sind dumm, andere schlau

Der ehemalige CSU-Sprecher Michael Strepp hat versucht die Berichterstattung des ZDF zu beeinflussen. Unser Kolumnist Matthias Kalle erklärt, warum er Strepp für paranoid hält.

Warum hat bei mir eigentlich noch nie, sagen wir mal, der Manager von Markus Lanz angerufen, um mir vorzuschlagen, doch lieber nicht über Stefan Raab zu schreiben, sondern stattdessen über, zum Beispiel, Markus Lanz. Könnte das daran liegen, dass der Politikbetrieb am Ende noch viel durchtriebener, arglistiger und böser ist als die gesamte Unterhaltungsbranche? Kann ich mir nicht vorstellen, will ich mir auch nicht vorstellen – ich denke ja nicht in Systemen, ich denke: manche Menschen sind dumm, andere schlau.

Der gerade zurückgetretene CSU-Pressesprecher Hans Michael Strepp hat also tatsächlich am vergangenen Sonntag in der Redaktion der ZDF-Nachrichtensendung „heute“ angerufen mit dem Ziel einen Bericht über den Parteitag der bayrischen SPD zu verhindern. Genauer:  Strepp verlangte, so berichteten es die Kollegen der „Süddeutschen Zeitung“ von der heute-Redaktion, in ihrer 19-Uhr-Sendung möge nicht über den Landesparteitag der SPD berichtet werden. Sende das ZDF einen Beitrag darüber, obwohl doch weder die Redaktion der „Tagesschau“ noch der von ARD und ZDF gemeinsam betriebene Nachrichtenkanal „Phoenix“ eine entsprechende Berichterstattung planten, werde dies, so Strepp, „Diskussionen nach sich ziehen“.

Strepp ist promovierter Jurist, seine Doktorarbeit trägt den Titel: „Irreführung und Verwechslungsgefahr: Einige dogmatische Aspekte des Verhältnisses von Wettbewerbs- und Markenrecht“ Ich weiß nicht, was man in einem Jura-Studium lernt, Medienkompetenz aber offenbar nicht. Es gibt Pressesprecher, die waren mal Journalisten, die haben irgendwann das Handwerkszeug gelernt, die wissen, wie das so läuft, die rufen nicht in Redaktionen an und fordern dies oder wollen das. Die wissen: Redaktionen lachen sich entweder darüber kaputt oder – wenn die Einflussnahme dann doch ein wenig zu krass scheint – sie erzählen es allen ihren Kollegen, damit die darüber berichten.

Strepps Karriere als Pressesprecher begann unter Edmund Stoiber, 2006 war, sechs Jahre lang kam niemand auf die Idee, dass der Mann als Pressesprecher vielleicht furchtbar ungeeignet sein könnte, weil er einfach keine Ahnung hat: von Meinungsfreiheit, von Pressefreiheit und von den feinen und groben Unterschiede zwischen hier und da. Ich meine das überhaupt nicht böse, wenn ich jetzt mal frage: War der Mann in seinem Job schlichtweg überfordert?

Den Anruf in der Redaktion hat Strepp nicht bestritten, allerdings habe er „keinen Druck“ ausgeübt. Interessant wäre zu erfahren, wie dieser Druck ausgesehen hätte, wenn er ihn ausgeübt hätte. Peter Frey, Chefredakteur des ZDF und weit davon entfernt als ein Mann zu gelten, der sich Geschichten ausdenkt, sagte, dass Strepp auch über den Leiter des ZDF-Landesstudios, Ulrich Berls, und den Leiter der Hauptredaktion Aktuelles, Elmar Theveßen, versucht habe, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. Auch Ulrich Deppendorf meldete sich, Leiter des ARD-Hauptstadtbüros, und berichtete, Strepp habe am Sonntag auch per SMS bei einem ARD-Redakteur nachgefragt, ob der Sender über den SPD-Landesparteitag berichten werde.

Verzeihung, aber so handeln Paranoiker, Menschen mit Panikattacken, Leute, die schreckliche Angst haben. Irreführung und Verwechslungsgefahr: Vielleicht hat der Mann auch einfach vergessen, in was für einem Land wir leben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false