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Marc Neller

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Vorschnell Fakten schaffen

Marc Neller zur Dresden-Brücke:

Jetzt also sollen die Bautrupps anrücken, wieder einmal. Der Streit über die Dresdner Waldschlösschenbrücke, der inzwischen über zehn Jahre dauert, ist entschieden. Die Gerichte haben die Einsprüche gegen den Bau abgewiesen. So scheint es, wieder einmal. Der Volkswille hat gesiegt, sagen die einen, die die Brücke bauen wollen: CDU und FDP und die haben in Dresden das Sagen. Sie wissen das Regierungspräsidium und die sächsische Landesregierung hinter sich und sie berufen sich auf jenen Bürgerentscheid, mit dem die Dresdner vor zwei Jahren über das umstrittene Projekt entschieden. Und darauf, dass dringende Verkehrsprobleme gelöst werden müssen. Es wäre eine Katastrophe für Deutschland und die Kultur, sagen die anderen. Dresden würde von der Unesco der Welterbestatus für ihr Elbtal aberkannt. Das wäre ein einmaliger, ein peinlicher Vorgang für eine stolze Kulturnation - mit Folgen, für deutsche Städte, die sich künftig um den Welterbetitel bewerben.

Beide Seiten haben Recht. Nur hat sich der Eindruck verfestigt, dass beide Seiten zwar brav ihre hehren Gründe aufsagen, es aber längst nicht mehr nur um die geht. Sondern darum, zu gewinnen. Thema "Kleine Hufeisennase": Wen, außer einigen Umweltschützern, haben bis zum Sommer die Lebensbedingungen dieser bedrohten Fledermausart im Dresdner Elbtal interessiert? Sie waren nützlich, den Baubeginn zu verhindern, zumindest vorerst. Thema Volksentscheid: Gerade mal 50 Prozent hatten sich an der Abstimmung beteiligt, zwei Drittel waren für den Bau. Eine Frage stellt sich nun neu: Ob die Abstimmung heute noch einmal so ausfallen würde - jetzt, da die Folgen für die Stadt wohl jedem klar sind? Vieles spricht dafür, dass es ein Fehler wäre, einen gewaltigen Betonbau in die Biegung dieser Stadt- und Flusslandschaft zu wuchten.

Noch ist nichts entschieden

Man kann nicht so lange das Volk abstimmen lassen, bis einem das Ergebnis passt, sagen CDU und FDP. Stimmt. Zudem haben mehrere Gerichte die Einsprüche gegen den Bau abgewiesen. Das sind in einer Demokratie Argumente von höchstem Gewicht. Interessant aber ist, was die Brückenbefürworter nicht sagen: Dass die Bindungskraft des Entscheids drei Jahre anhält, sie liefe also im Frühjahr 2008 aus. Dann ist eine neue Entscheidung möglich. Die Brückenbefürworter von CDU und FDP müssen sich also die Frage gefallen lassen, ob sie nicht einfach Fakten schaffen wollen.

Noch ist nichts entschieden. Das Urteil vom heutigen Mittwoch ist nicht das letzte, das in dieser Angelegenheit ausstand. Und es wäre theoretisch immer noch möglich, eine politische Lösung zu finden, eine Alternative, die dem Verkehrsproblem gerecht wird und denen, die die geplante Brücke für falsch halten. Ein ernsthaftes Bemühen darum ist nicht erkennbar.

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