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Meinung: Berlin, Stuttgart, Köln – und Manchester

DEMONSTRATIONEN GEGEN SOZIALABBAU

Etwa eine halbe Million Menschen haben gestern Schröder eins gepfiffen. Das ist viel, einerseits, und einer Regierung, die noch nicht völlig abgehoben ist, wird das zu denken geben. Andererseits: Würden heute Merkel und Westerwelle regieren, wären wohl doppelt so viele auf die Straße gegangen, mindestens. Denn die Gewerkschaften, die zu den Protesten aufgerufen haben, stecken ebenso in einem Dilemma wie viele derjenigen, die sie zu repräsentieren vorgeben. Wenn sie Schröder erst mal kleindemonstriert und weggestreikt haben, wird der Lohn dafür womöglich jener Systemwechsel sein, gegen den sie jetzt zu Felde ziehen. Es ist ein gefährliches Spiel mit Worten, das die Gewerkschaftsführer Bsirske, Peters und Sommer wagen. VerdiChef Bsirske ruft mit einem Pathos zum Widerstand auf, als wollte die rot-grüne Regierung ganz Deutschland in Manchester umbenennen. Passend dazu wähnt der IG-Metall-Vorsitzende Peters das Land nach einem „Amoklauf gegen den Sozialstaat“ im ungezügelten Frühkapitalismus des 19. Jahrhunderts. Da hilft nur noch eine Geschichtsstunde bei Guido Knopp. Seltsam saftlos dagegen, was DGB-Boss Sommer empfiehlt: „Sozialabbau ist Mist. Lasst es einfach sein!“ Ja Mensch, da hätten die doch selber drauf kommen können, die Regierungssozis – Münte, bitte übernehmen. So war das also, am Samstag in Stuttgart, Köln und Berlin. Die Gewerkschaften denken nur an heute und spielen mit den Ängsten der Menschen. Kurioses am Rande: Reformgegner Bsirske forderte eine Reform – des EU-Stabilitätspaktes. Parole Neuverschuldung, die Kinder sollen also zahlen, irgendwann, am besten die ungeborenen. Denn die können nicht demonstrieren. So einfach ist das. lom

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