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BND-Untersuchungsausschuss: Nebelkerzenwerfereien

Politik, wenn sie sich selbst für dumm verkauft, ist kein schöner Anblick. Insofern verspricht die Sitzung des BND-Untersuchungsausschusses am heutigen Donnerstag wieder Stoff für Politikverdrossene – sofern die sich die Mühe noch machen, die Suche nach dem Prozentanteil der Verwicklung der rot-grünen Regierung in den Irakkrieg zu verfolgen.

Von Robert Birnbaum

Denn darum geht es ja in der Sache: Wie weit haben Gerhard Schröder und Joschka Fischer faktisch den Krieg unterstützt, den sie mit Worten so verdammt haben? Politisch geht es längst um jemand anderen – Frank-Walter Steinmeier, damals Kanzleramtschef, heute Kanzlerkandidat der SPD. Womit wir beim Dummen-Verkauf wären. Zur Erinnerung die Fakten: Am Vorabend des Krieges 2003 hat der Bundesnachrichtendienst zwei Mitarbeiter nach Bagdad geschickt. Deren Informationen sind auch an die Amerikaner geflossen. Die damalige Regierung und der BND sagen, diese Daten seien vor der Weitergabe gefiltert und um alles Kriegswichtige entschärft worden. Der damals für die Aufklärung zuständige US-General sagt, er habe diese Informationen aber höchst wichtig gefunden.

Aus dem Winkel des politisch interessengeleiteten Blicks ist das ein Widerspruch, in der Sache muss es gar keiner sein. Genau darin liegt das Problem. Politisch ist es verständlich und legitim, dass die CDU/CSU ebenso wie Teile der Opposition der Schröder-Regierung und speziell Steinmeier Doppelzüngigkeit nachzuweisen versuchen. Politisch ist es ebenfalls verständlich, dass der BND und Steinmeier alles tun, um sich als gänzlich unschuldig zu präsentieren.

Beide Seiten müssen sich bei diesem Spiel nur leider dümmer stellen, als sie sind. Der BND hat seine Leute natürlich nicht als klandestine Rotkreuz-Helfer nach Bagdad geschickt, die bloß dem Bombardement von Krankenhäusern vorbeugen sollten. Das Duo hat sich Stellungen angeguckt, Gehörtes und Gerüchte gemeldet. Zumindest ein Teil davon landete auf dem Tisch der US-Aufklärung. Ab da war es nicht mehr in der Hand der Deutschen, ob ihre Meldungen den Krieg beeinflussten. In einer Situation, in der die USA selbst niemanden vor Ort hatten, konnte selbst ein Bericht vom Einkauf auf dem Wochenmarkt taktische Entscheidungen auslösen. Der Versuch, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, ist Augenwischerei – man sieht es keiner Information an, wie wichtig sie wird. Mit der deutschen Unschuld war es darum vorbei, als die BND-Leute in Bagdad eintrafen.

Taugt das zum Vorwurf? Vielleicht, politisch. Wer laut auf Pazifismus macht, dem wird der übliche Regierungspragmatismus nicht leicht durchgelassen. Dass diese Art Pragmatismus aber üblich, ja oft sinnvoll ist – auch die Union soll sich nicht dümmer stellen, als sie ist. Nur eins würde zum ernsten Fall: Wenn aus Bagdad doch mehr und anderes weitergemeldet worden wäre, als bisher eingeräumt. Ein bisschen Nebelkerzenwerfen gehört zu den unschönen, doch letztlich akzeptierten Mitteln der Demokratie. Das Parlament belügen gehört nicht dazu.

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