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Tempelhof

© Wolff

Bund und Berlin: Das Phantom auf dem Rollfeld

Wenn Berlin Geld für die Staatsoper will, so Peer Steinbrücks Überlegung, muss die Stadt dem Bund beim Flughafen Tempelhof entgegenkommen. Der Senat sieht das anders. Wer den Berliner Airport-Anteil aber nun verschenken will, macht sich lächerlich - und verschließt die Augen vor den städteplanerischen Möglichkeiten des Areals.

Was hat die Staatsoper Unter den Linden mit dem Flughafen Tempelhof zu tun? Nichts, glaubt der Regierende Bürgermeister. Nichts, sagt Finanzsenator Thilo Sarrazin. Alles, meint der Bundesfinanzminister. Alles, sagt eine deutliche Mehrheit im Haushaltsausschuss des Bundestages. Wer hat recht? Alle.

Natürlich gibt es keine funktionalen Zusammenhänge zwischen dem maroden Musiktheater und dem historisch bedeutenden Stadtflughafen, es sei denn, man hält beide für überflüssig, weil Berlin sowohl an Flughäfen als auch an Opernhäusern mehr als genug hat. Während aber alle Beteiligten den Knobelsdorffbau, auch wegen dessen grandiosem Hausherrn, Daniel Barenboim, erhalten wollen, wird Tempelhof nur als teure Last empfunden – viel Gelände und Gebäude für wenig Verkehr.

Diese teure Last hat künftig vor allem der Bund zu schultern. Ihm gehören vier Fünftel der Baumasse. Deshalb hat sich der Senat ja seit Monaten geweigert, über einen vom Bund immer wieder erbetenen, eingeschränkten und rechtlich vermutlich möglichen Flugbetrieb auch nur nachzudenken. Daran scheiterten sowohl die Pläne deutsch-amerikanischer Investoren, in dem leer stehenden Gebäudekomplex ein per Flugzeug erreichbares Gesundheitszentrum einzurichten, als auch Überlegungen der Bahn. In der Umgebung von Klaus Wowereit kalkulierte man kühl, diese starre Position vertreten zu können, weil die Folgekosten ohnehin beim Bund hängen blieben.

Genau deshalb zieht Peer Steinbrücks Ministerium schon lange eine Verbindungslinie von Tempelhof zur Staatsoper. Wenn Berlin für die Oper Geld will, so seine Überlegung, muss die Stadt dem Bund bei den Folgekosten für den entwidmeten Flughafen entgegenkommen. Diese Haltung ist, anders als Berliner Politiker nun glauben machen wollen, nicht neu, sondern entspricht exakt der vom Finanzministerium seit vielen Monaten angekündigten Verhandlungsstrategie.

Da hat nicht etwa die böse Bundesregierung das Phantom der Oper auf das Rollfeld gejagt, um Wowereit und Sarrazin Angst zu machen, sondern Steinbrück und der Haushaltsausschuss des Parlamentes operieren nach der bewährten Devise „Wer zahlt, schafft an“. Berlin will etwas vom Bund, also darf sich die Stadt nicht aufführen, als könne sie das Verhandlungsergebnis diktieren. Wie desperat die Haltung des Senates ist, merkt man auch daran, dass die traditionell eigentlich immer gut nutzbaren parteipolitischen Verbindungen unterbrochen sind. Der Bundes-Sozialdemokrat Steinbrück und die Berliner Genossen Wowereit und Sarrazin stehen nicht Seit’ an Seit’, sondern sich grimmig gegenüber.

Dabei gäbe es, kämen die Berliner endlich aus dem Schmollwinkel, um das Angebot der Bundes einmal kritisch zu durchleuchten, durchaus Ansatzpunkte. Die Offerte des Bundes zur Sanierung der Staatsoper ist nämlich alles andere als großzügig. Für den Beitrag von 200 Millionen Euro verlangt der Bund vom Senat eine Erhöhung der jährlichen Zuschüsse an die Lindenoper um zehn Millionen Euro, und das zwei Jahrzehnte lang. Das würde zwar, gegenüber der Sanierung auf Kosten der Stadt, einen Zinsvorteil erbringen – jedoch wird der mehr als aufgezehrt, weil das Land aus Paritätsgründen auch die Subventionen an die Komische und an die Deutsche Oper erhöhen müsste.

Während hier die Landesregierung dem Bund vorrechnen kann, dass er mit gezinkten Karten spielt – schließlich hatte Angela Merkel in heute als fern empfundenen Tagen sogar die komplette Opernübernahme durch den Bund erwogen –, macht sie sich lächerlich, wenn sie jetzt den Berliner Anteil am Flughafen Tempelhof verschenken will, um sich vor den Folgekosten zu drücken. Der Senat beweist damit entweder, dass die Beendigung des Flugbetriebes, anders als bislang behauptet, doch für alle Eigentümer in ein Finanzdebakel führt. Oder er verschließt die Augen vor den immensen stadtplanerischen Möglichkeiten, die ein so großes, unverbautes Gelände in zentraler Lage bietet.

Weder das eine noch das andere ist ein Zeichen politischer Kompetenz.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

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