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Darüber spricht ganz …: … Weißrussland

Knut Krohn über einen versuchten Imagewechsel des letzten Diktators in Europa

Aleksander Lukaschenkos Ruf ist ruiniert. Seine Kollegen in Europa machen um den weißrussischen Präsidenten einen großen Bogen. Aus gutem Grund: Seit Jahren unterjocht er sein Volk. Jetzt will der Mann, der oft als letzter Diktator Europas bezeichnet wird, raus aus der politischen Schmuddelecke. Zu diesem Zweck hat Lukaschenko Kontakt mit Lord Tim Bell aufgenommen. Der sitzt in London im Oberhaus und war erfolgreicher PR-Berater, der der früheren britischen Premierministerin Margret Thatcher zu drei Wahlsiegen verholfen hat. Erzählt wird, dass die legendäre Handtasche der Eisernen Lady seine Idee war.

Vorbild für Lukaschenko dürfte der ehemalige ukrainische Premier Viktor Janukowitsch sein. Ein Imageberater aus den USA formte binnen weniger Monaten aus dem eher tumben Tollpatsch einen eloquenten, weltgewandten Politiker. Am Ende kam es allerdings zum Betriebsunfall: Janukowitsch verlor die Parlamentswahlen und der US-Berater seinen Job. Im Falle Lukaschenkos ist die Sache anders gelagert. Der Präsident braucht keine Opposition zu fürchten, die hat er mit Polizeistaatmethoden bereits ausgeschaltet.

Doch Lord Bell stürzt sich nicht ohne Prüfung in ein Abenteuer. Lukaschenkos Sprecher Pawel Ljogki bestätigte, dass der britische PR-Mann Interesse an der Aufgabe zeige. Zudem habe es ein Treffen zwischen den beiden Männern gegeben. Nicht überliefert ist, ob bei dieser Gelegenheit der Despot aus Minsk dem Gast aus London seine schon oft an den Tag gelegte Schwäche für Adolf Hitler bekundet hat. Kein Geheimnis ist auch, dass Lukaschenko auf der schwarzen Liste der Menschenrechtsverletzer des US-Außenministeriums zu finden ist. Folgt man der krausen Logik Lukaschenkos, sind dies alles nur verzerrte Darstellungen, die es richtigzustellen gilt – und das ist die Aufgabe von Lord Bell.

Das Image des Despoten aufzupolieren dürfte eine anspruchsvolle Aufgabe für den PR-Experten werden. Für völlig aussichtslos hält der die Sache nicht. Laut Bells erster Analyse sei Weißrussland ein ruhiges Land mit Potenzial, erklärte Lukaschenkos Sprecher – was immer das heißen mag.

Tim Bell mag große Verdienste vorweisen können, dennoch wird sich der Rest Europas von einem PR-Strategen wohl nicht blenden lassen. Besser beraten wäre Lukaschenko, wenn er den sicheren Weg wählen würde, Weißrussland aus der Isolation zu führen. Anstatt die Fassade aufzupolieren, könnte er es mit politischen Reformen versuchen. Freie Wahlen, freie Rede, freie Wirtschaft. Kurz: Demokratie.

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