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Meinung: Das Krippenspiel

Von Antje Sirleschtov

Alle Eltern, die heute noch auf Platz 87 der Warteliste für einen Krippenplatz stehen, seien gewarnt: Es wird auch im Jahr 2013 in Deutschland keine 750 000 Krippen- oder Tagesmütterplätze geben. Denn eine sehr große Koalition der Verhinderer macht sich gerade ans Werk, diese Pläne von Familienministerin Ursula von der Leyen zu vereiteln. Sie bedient sich dabei des subtilsten Mittels, das die Politik zu bieten hat: der Zerstücklung. Und jeder Politikbeobachter weiß, dass am Ende niemand dafür verantwortlich gemacht werden wird. Denn es gehört zur Strategie, dass die Diebe nicht gestellt werden, nein, dass sie sich am Ende sogar selbst zu Opfern erklären dürfen.

Rasch ist der Hergang erzählt: Alle Seiten – die SPD, die Gegner des Krippenkonzeptes in der Unionsfraktion, die Kommunen und die Länder – verlangen von der Familienministerin ein „Finanzierungskonzept“. Obwohl alle wissen, dass von der Leyen kein Geld hat und die Verteilung von Bundesmitteln an die Kommunen nach der Föderalismusreform fast unmöglich ist, pfropft jeder Beteiligte eigene Forderungen auf das Konzept und erklärt diese sodann für unabdingbar.

Da ist die SPD, die einen Rechtsanspruch für alle Kinder zur Messlatte macht – obwohl das weder realistisch umsetzbar noch im Bundesrat von Mehrheiten zu beschließen wäre. Da sind die Kommunen, die am liebsten fünf statt drei Milliarden Euro zur Verfügung hätten. Und da sind die Ewiggestrigen in der Union, die jetzt Daheimbleibeprämien für Mütter fordern, die keinen Krippenplatz wünschen. Und alle zusammen wollen, dass der Staatshaushalt keinen müden Schulden-Euro für Krippen ausgibt. Man ahnt es: Von der Leyen kann da nur scheitern. Der Bund wird wohl ein paar Milliönchen an die Länder überweisen, die davon einen Teil den Kommunen überlassen. Für viele Krippenplätze wird es nicht reichen.

Dass sich die SPD-Führung bis heute nicht verzeihen kann, in den Koalitionsverhandlungen 2005 das wichtigste Zukunftsressort – das Familienministerium – preisgegeben zu haben, ist dabei das größte Problem. Es ist erschreckend, mit anzusehen, wie die selbst ernannte Familienpartei SPD die Pläne von der Leyens zielgerichtet zerhackt – zur Freude all der Unionsstrategen, die schon immer fanden, dass Mutti an den Herd gehört.

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