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Meinung: „Dieses unglaubliche Schwarzblau“

Drei Tage vor Heiligabend wollte er zurück auf der Erde sein. Doch nun hat er sich verspätet.

Drei Tage vor Heiligabend wollte er zurück auf der Erde sein. Doch nun hat er sich verspätet. Das ist ungewöhnlich für den Vorzeigepiloten der Bundeswehr, den Topastronauten der europäischen Weltraumbehörde Esa und Zweiten Flugingenieur an Bord der Internationalen Raumstation ISS. Der promovierte Physiker Thomas Reiter ist bekannt für seine Exaktheit. Anders geht es auch nicht, wenn man unter 22 000 Bewerbern für eine Weltraummission ausgewählt werden will. Zumal wenn es sich um eine Langzeitmission von fünfeinhalb Monaten handelt.

Fünf Jahre lang hatte sich der 48-jährige, gebürtige Frankfurter auf den Flug vorbereitet, bevor er am 4. Juli 2006 an Bord der Raumfähre Discovery ins All fliegen konnte. Auch damals musste der Start ein paar Mal verschoben werden, wegen kleinerer technischer Pannen und wegen schlechten Wetters. Das war belastend für Reiter, der endlich wieder Weltraumspaziergänge machen wollte.

Wie schön die sind, hatte er schon 1995 während seines ersten Aufenthalts im All – 179 Tage lang an Bord der klapprigen, russischen Weltraumstation MIR – gespürt. Ziemlich losgelöst, nur mit einem dünnen Kabel an die Station gebunden, diese wunderbaren Farben zu sehen, dieses „unglaubliche Schwarzblau“ etwa, das er, wie er sagte, auf der Erde noch nie gesehen hatte. „Du musst dich kneifen, dass du nicht träumst“, sagt er.

Die gute Laune ist ihm auch anzusehen, wenn er sich im Fernsehen präsentiert, blond im blauen Astronautenhemd, den Daumen nach oben gereckt: alles okay in der engen ISS, die er mit zwei Kameraden bewohnt. Zwar pflegt Reiter auch das Gitarrenspiel, doch im Vordergrund standen neben Routinearbeit an Bord die 33 Experimente für das europäische Forschungsprogramm. Mit Reiters Mission sollte die Ankopplung des europäischen Forschungslabors Columbus an die ISS vorbereitet werden, die für Ende 2007 geplant ist. Dazu wurde die Station mit einem neuen Sonnensegel versehen. Das alte Segel klemmte beim Zusammenfalten und verzögerte bereits den Rückflug mit der Discovery. Nun bereitet schlechtes Wetter weitere Probleme.

Möglicherweise wird die Landung erst kommenden Sonnabend möglich sein und dies vielleicht in White Sands im US-Bundesstaat New Mexiko. Von dort wird Reiter nach Houston kommen, wo seine Frau und die beiden Söhne bereits warten, um mit ihm Weihnachten zu feiern.

Paul Janositz

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