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Meinung: Dynastie der Zwillinge

Von Thomas Roser

Zumindest für Klarheit hat der Chef von Polens regierenden Nationalkonservativen (PiS) mit dem angekündigten Premier-Wechsel gesorgt: Für die von ihm angerichteten Dauerturbulenzen zeichnet Jaroslaw Kaczynski künftig selbst verantwortlich. Eindrücklich hat der Strippenzieher mit seiner Selbstbeförderung zum Regierungschef demonstriert, wer in Warschau derzeit das Sagen hat. Ohne viel Federlesen hat Kaczynski seinen loyalen, aber ihm lästig gewordenen Statthalter auf der Regierungsbank entsorgt: Statt das Kabinett soll der abservierte Kazimierz Marcinkiewicz nun den Kommunalwahlkampf in der Hauptstadt führen.

Vor allem der Zeitpunkt der kaltblütigen Degradierung des populärsten PiS-Politikers überrascht. Erleichtert über den künftigen Familienbeistand dürfte jedoch vor allem sein Zwillingsbruder Lech Kaczynski im Präsidentenpalast sein. Denn nicht erst seit der Absage des Weimarer Gipfels, an dem traditionell Deutschland, Frankreich und eben Polen teilnehmen, und der wegen der präsidialen Entrüstung zur Staatsaffäre ausgewachsenen Groteske um eine Kartoffel-Satire in der „tageszeitung“ war der schwächelnde Staatschef seinem Amt zuletzt immer weniger gewachsen.

Ein Ende von Polens Trauerspiel ist mit der neuerlichen Personalrochade jedoch nicht in Sicht. Zwar wird in Polens neuer Familiendynastie der Präsident die Eingebungen seines Bruders künftig noch schneller durchwinken können. Doch ruhigere Zeiten sind mit dem Brüderpaar als Doppelspitze des Staates keineswegs garantiert. Stattdessen scheint in der nationalpopulistischen Koalition mit dem streitbaren PiS-Chef als Premier neuer Dauerärger garantiert. Keine gute Nachricht ist dessen Aufstieg auch für Europa. Die Befürchtungen der Opposition, dass sich Polen mit dem unversöhnlichen Kaczynski als Premier in der EU noch mehr isolieren könnte, sind leider keineswegs unbegründet. Noch stärker als bisher will er in der internationalen Arena auf die Wahrung polnischer Interessen pochen.

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