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Meinung: Eine 40-Stunden-Woche auch für Schüler!

„Turbo-Wahn“ vom 3. März Mit großer Genugtuung und Zustimmung habe ich Frau vom Lehns Kommentar „Turbo-Wahn“ zum unsäglichen Übergang von G9 zu G8 an unseren Schulen gelesen.

„Turbo-Wahn“ vom 3. März

Mit großer Genugtuung und Zustimmung habe ich Frau vom Lehns Kommentar „Turbo-Wahn“ zum unsäglichen Übergang von G9 zu G8 an unseren Schulen gelesen. Analoges kann man zum ebenso unsäglichen Übergang vom Diplom- zum Bachelor-Studiengang an deutschen Universitäten sagen. Viele meiner Kollegen aus den USA und Russland meinen, das deutsche Diplom in den Naturwissenschaften sei für sie stets Modell und Vorbild gewesen: warum ersetzen wir es ohne Not durch den absolut minderwertigen dreijährigen Bachelor? Durch diesen akademischen Wahn können sich unsere Studenten z.B. nicht mehr den Luxus eines Auslandssemesters leisten, was die Gefahr der „Provinzialität“ unserer Ausbildung erhöht. Übrigens propagiert der DAAD inzwischen einen vierjährigen „Bachelor Plus“, um dem gegenzusteuern. Aber das kommt wohl zu spät. Nur wenige ebenso ahnungslose wie beratungsresistente Politiker schwärmen noch vom Bologna-Prozess, allen voran die Bildungsministerin, die lediglich „handwerkliche Fehler“ zugeben mag. Nein, Frau Schavan, das Bachelorsystem war und ist – ebenso wie das G8-Abitur – kein handwerklicher, sondern ein prinzipieller Fehler.

Prof. Dr. Jürgen Appell, Würzburg

Ich kann Frau vom Lehn nur aus ganzem Herzen beipflichten. Ich bin auf dem Gymnasium zweimal sitzen geblieben und habe dies kein einziges Mal bereut. Ich war ein mittelmäßiger Schüler und habe so doch noch ein passables Abitur geschafft, habe ein abgeschlossenes Studium und stehe beruflich auf festen Füßen. Die Erwartungen, die selbst zu meiner Zeit an die „Arbeitszeiten“ von Schülern gestellt wurden, sind vollkommen unrealistisch und würden in der „richtigen“ Arbeitswelt jede Gewerkschaft auf die Barrikaden treiben. Gemäß dem damals an mich gerichteten Anspruch „Jede Unterrichtsstunde wird mit einer Stunde zu Hause aufgearbeitet“, haben Heranwachsende, die gerade sich selbst, die Welt und das andere Geschlecht entdecken, locker eine 60- bis 80-Stunden-Woche. Bei der Vorstellung, dass dasselbe Pensum jetzt auch noch in einem Jahr weniger verrichtet werden soll, überkommt mich das kalte Grausen. Wer will von einem 17-Jährigen denn – insbesondere nach Wegfall der Wehrpflicht – erwarten, sich kompetent für einen zukünftigen Berufsweg entscheiden zu können. Wenn die „Chinesisierung“ des Bildungssystems so weitergeht, werden wir bald das Burnout-Syndrom unter Grundschülern beobachten können.

Markus Jahn, Berlin-Neukölln

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