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Meinung: Energiepolitik: Klimaschutz: ja, Quote: nein

Der Kanzler hat entschieden: Binnen zwei Monaten muss die deutsche Stromindustrie detailliert nachweisen, wie sie in Zukunft 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr weniger in die Luft pusten will. Gelingt das den Konzernbossen nicht, droht ein Gesetz, das die Deutschen zwingt, einen festgelegten Anteil ihrer Energie aus solchen Kraftwerken, in denen Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt wird, zu kaufen.

Von Antje Sirleschtov

Der Kanzler hat entschieden: Binnen zwei Monaten muss die deutsche Stromindustrie detailliert nachweisen, wie sie in Zukunft 23 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr weniger in die Luft pusten will. Gelingt das den Konzernbossen nicht, droht ein Gesetz, das die Deutschen zwingt, einen festgelegten Anteil ihrer Energie aus solchen Kraftwerken, in denen Strom und Wärme gleichzeitig erzeugt wird, zu kaufen. Erst wird diese Zwangs-Quote für die so genannten KWK-Anlagen bei rund zwölf Prozent liegen. In zehn Jahren soll sie doppelt so hoch sein.

Was das eine - der Klimaschutz - mit dem anderen - der Quote für Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) - zu tun hat? Eigentlich nicht viel. Dennoch verbeißen sich die Stromindustrie mit Wirtschaftsminister Werner Müller auf der einen und die Fraktionen von SPD und Grünen mit Umweltminister Jürgen Trittin auf der anderen Seite seit Monaten erbittert in genau diese Auseinandersetzung und vermengen Umwelt- mit Arbeitsmarktpolitik. Einig waren sie allenfalls am Ausgangspunkt: Die Bundesregierung hat sich verbindlich zum Schutz der Erdatmosphäre verpflichtet. Auch die deutsche Energiewirtschaft muss dazu einen Beitrag leisten.

Die Pflicht der Politik wäre es gewesen, Wege zu suchen - und diese, wenn nötig, auch in Gesetze zu fassen -, die sie der Einlösung ihres Klimaschutzversprechens näher bringen. Es gibt dazu Ansätze. Seit die Abschaltung von Kernkraftwerken im vergangenen Sommer terminiert wurde und der Wettbewerb auf dem Strommarkt viele alte ineffiziente und umweltschädliche Kraftwerke in Deutschland überflüssig macht, entsteht eine Lücke im deutschen Stromangebot. Die Betreiber von Windrädern und Solaranlagen haben diese Chance bereits erkannt und planen Milliarden-Investitionen. Auch KWK-Kraftwerksbetreiber haben ihre Chance und können zur klimafreundlichen Alternative werden. Die Bundesregierung könnte Innovationen in diesem Markt unterstützen und den Anlagenbetreibern die Investitionen schmackhafter machen. Ihrem Ziel, den Ausstoß von Kohlendioxid aus deutschen Kraftwerken zu reduzieren, käme sie damit auf jeden Fall näher.

Doch statt einen klaren Weg zum Klimaschutz zu beschreiten, werden mit einer Quote nur die Interessen der heutigen KWK-Kraftwerksbetreiber unterstützt. Denn ihre Anlagen werden durch die Quote quasi vor dem Wettbewerb mit Kohle- und Gaskraftwerken geschützt. Ob das der Umwelt am Ende hilft, ist umstritten. Vor allem deshalb, weil heute nur zwei von drei KWK-Kraftwerken energieeffizient - und damit klimaschonend - arbeiten. Darüber hinaus gibt es nicht nur in Deutschland KWK-Kraftwerke. Auch die Betreiber belgischer oder niederländischer KWK-Anlagen werden ihren Strom in eine deutsche KWK-Quote verkaufen. Zu weniger Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids aus deutschen Kraftwerken führt das nicht.

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