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Meinung: Europa sucht Mr. Aufschwung

Von Mariele Schulze Berndt

Wer in der Europapolitik ein Instrument sieht, um der Bundesregierung Misserfolge beizubringen, dem mögen die Schlagzeilen über den „Superkommissar“ gelegen kommen. Nimmt man jedoch das Ganze in den Blick, wirkt die Debatte lächerlich. In Brüssel geht es nicht um die Verhandlungskunst des Bundeskanzlers, sondern die Frage, ob Wachstum und Beschäftigung in der nächsten EUKommission einen besonderen Stellenwert erhalten. Aus diesem Grund forderten Paris, Berlin und London einen Koordinator für verschiedene Kommissionsressorts, die an Wirtschaftsfragen arbeiten. Damit muss sich der jetzt gewählte Kommissionspräsident José Barroso auseinander setzen. Offenbar will er sich selbst ökonomischen Fragen widmen. Doch er kann im Machtdreieck aus Rat, Parlament und Kommission nur aus einer Position der Stärke agieren, wenn er die Reibungsverluste in der Kommission verringert und die Koordination verbessert.

Bis zu seiner Wahl warb Barroso um die Abgeordneten aus den 25 Mitgliedsländern, die auf die Gleichberechtigung aller Kommissare pochen. Nach der Wahl verschieben sich die Prioritäten. Jetzt geht es auch um die Regierungen. Barroso ist geschmeidig genug, um die Wünsche der drei Großen nicht zu übergehen. Er wird einem erfahrenen Europapolitiker wie Verheugen auch nicht den Stuhl vor die Tür stellen oder nur das Bildungsressort zuteilen. Verheugens fünfjährige Arbeit in der Prodi-Kommission, sein politischer Hintergrund, die Bedeutung seines Herkunftslandes und die Beziehungen zum Parlament sichern ihm ein einflussreiches Ressort. Da die Außenpolitik nicht mehr in Frage kommt, muss es auf dem Feld der Wirtschaft liegen. Wer innenpolitisch darauf setzt, ihn scheitern zu sehen, muss deshalb damit rechnen, diese Schlacht zu verlieren.

Seiten 1 und 6

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