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Meinung: Feigheit vor dem Freund

Die Regierung verweigert die Festlegung darauf, was sie im Fall eines Irak-Kriegs tun würde

Rot-Grün soll sich zusammenreißen. Der Kanzler hat die Kakophonie satt. Dabei mag er an die Sozial- und Steuerpolitik denken. Die deutsche Irak-Politik ist allerdings genauso wenig kakophoniefrei. Überflugrechte, US-Basen, Awacs-Aufklärer: Hieraus setzt sich zusammen, was bald in einen Krieg münden könnte. Dass wir da nicht mitmachen, ist die Grundlinie, die Schröder seit August vertritt. Mittlerweile machen wir nur nicht „aktiv“ bei einem Feldzug gegen Saddam mit. Denn der passiven Hilfe könnte Berlin sich schwerlich entziehen.

Nun kann man das, was geht, und das, was nicht geht, entlang der Frage gruppieren, ob es ein zweites UN-Mandat geben wird. Amerika glaubt, es gar nicht zu brauchen, das bestehende sei Ermächtigung genug. Höchstens konsultiert werden müsse nochmals in New York. Dieser Sicht kann sich Berlin schon deshalb nicht anschließen, weil man die Resolution 1441 ja als Chance für den Frieden unterstützt. Beinhaltete sie den Krieg, den man nicht will, könnte man sie schwerlich gutheißen. Also müsste der Kanzler, wollte er konsequent sein, für seine Regierung die Interpretation festschreiben, dass 1441 für einen Krieg nicht reicht und somit ein Krieg ohne neues Mandat völkerrechtswidrig wäre. So sehen es die Grünen. Das würde dann bedeuten: Keine Beteiligung, auch nicht passiv, keine Überflugrechte, keine deutschen Awacs-Besatzungen, keine Basen-Nutzung. Im Umkehrschluss hieße das auch, bei einem neuen UN-Mandat alles an Hilfe anzubieten, was unter der Schwelle aktiven Mitkämpfens bliebe. Die neue Grünen-Chefin Beer zieht diese Konsequenz. Der Kanzler nicht.

Warum? Dem Dilemma, entweder die eigenen Wähler oder die Verbündeten im Stich zu lassen, entzieht man sich am besten durch Lavieren. In der Politik heißt das: Optionen offen halten. Zwei Beispiele. Ob SPD-Versprechen, Amerika Überflugrechte zu gewähren, unbedingt gelten, sagt die Regierung nicht. Und: Über die Awacs entscheidet der Nato-Rat – einstimmig. Enthält sich Berlin, wäre der Einsatz nicht blockiert. Solche Spielchen sind der Preis, den die Regierung nun für den Friedens-Wahlkampf zahlt. Das oberste Ziel dabei: Irgendwie die Kriegsangst im Innern und die Bündnispflichten nach außen unter einen Hut bringen.

Schröder hat sich in Sachen Irak in so viele Irrwege hineinmanövriert, dass der gesichtswahrende Rückzug immer schwieriger wird. Zuzusehen, wie der Kanzler sich windet, ist indes kein innerdeutsches Pläsier. Ohne deutsche Basen und Luftraum können die USA keinen Krieg führen. So wird längst eifrig verlegt. Das schafft Fakten. Wenn dann die Fragen, die die Regierung jetzt als „hypothetisch“ rügt, höchst real sind, kann man achselzuckend sagen: Die Handlungsspielräume sind weg. So etwas kann man Feigheit nennen oder schamlos. Oder: Politik.

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