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Meinung: Feminismus modern: Die Scham ist vorbei

Die Zukunft ist weiblich, hieß es früher in feministischen Aufrufen hoffnungsvoll. Fem@il the future, steht heutzutage - gerade erst wieder am vergangenen Wochenende - stolz und modern über einem grünen Frauenkongress.

Die Zukunft ist weiblich, hieß es früher in feministischen Aufrufen hoffnungsvoll. Fem@il the future, steht heutzutage - gerade erst wieder am vergangenen Wochenende - stolz und modern über einem grünen Frauenkongress. Kein Problem offenbar, den Feminismus rein sprachlich auf die Höhe der Zeit zu heben. Und inhaltlich?

Erst recht ein Kinderspiel. Die grünen Frauen stellen am neuen Gegenstand - in diesem Fall geht es um die Informationsgesellschaft, es könnte aber ebensogut die neue Landwirtschaft sein - die altbewährten Forderungen nach mehr Frauenförderung und warnen vor neuer Benachteiligung. Demnächst dürfen wir mit Quotenforderungen für die Besetzung der Hightech-Arbeitsplätze rechnen. Plus Frauenbeauftragte in den Betrieben der new economy. Plus rundum Kinderbetreuung.

Eben alles ein Kinderspiel - wären da nicht die Kinder, jene, die nicht nur spielen. Mehr als jeder feministische Kongress, jede soziologische Untersuchung über den aktuellen Stand der Geschlechterverhältnisse hat Gabi Bauer der Frauenbewegung in diesen Tagen mit ihrer Entscheidung für ihre Zwillinge und gegen die Tagesthemen einen kräftigen Schubs nach vorn gegeben. Nach vorn? Viele Frauen, zumal die frauenbewegten, werden das anders sehen: eine verständliche, aber doch eine bittere Entscheidung, die einmal mehr die Ungerechtigkeit der Welt beweist.

Die bekannte und mehrfach ausgezeichnete Fernsehjournalistin hat sich eine Frage vorgelegt, die sich so vermutlich kein Mann jemals stellen wird. Weitermachen mit den Zwillingen oder nicht? Gabi Bauer verzichtet auf den Beruf zugunsten der Kinder. Vorläufig - aber ein Verzicht, oder ganz deutlich gesagt, ein Opfer bleibt es doch, das die Tagesthemen-Moderatorin da bringt.

Ein Schubs nach vorn ist Gabi Bauers Entscheidung, weil sie eine Wahrheit ausgesprochen hat, die von der Frauenbewegung mit Tabus umstellt worden ist. Sie begründet ihren Schritt mit dem schlichten Satz: Die Belastung ist zu groß. Endlich sagt es mal eine! Noch dazu eine Frau, die berühmt ist, die keinen Job an der Supermarkt-Kasse, sondern einen mit hohem Selbstverwirklichungsniveau und mit Macht herzugeben hat, die im übrigen konservativer Ansichten nicht verdächtig ist.

Gabi Bauer hat uns eine Stunde der Wahrheit verschafft. Und Wahrheiten sind immer nützlich. Wie weit hat uns unsere heimliche Devise denn gebracht? Sag bloß nicht, dass es an den Kindern liegt, flüstern sich die Frauen zu, die als Mütter im Beruf bestehen wollen. Zumal dort, wo es um Karrieren geht, wo Entscheidungen fallen, gilt Mutterschaft als wenig zweckdienlich und wird mit ihren Lasten und Freuden schamhaft heruntergespielt. Wir sind damit haarscharf an die Grenzen der Quote gestoßen, die verlässlich immer dann versagt, wenn es um Jobs mit Macht und Einfluss geht. Wir Frauen mit Kindern haben uns Doppellasten auferlegt, die fatale Ähnlichkeit mit der Emanzipation à la Sozialismus haben: zu allen traditionellen Pflichten auch noch den Beruf schultern wie die Männer. Und die in der Arbeitswelt verleugnete Mutterschaft deckt eine Arbeitsteilung, die Männern unter Berufung auf den Beruf erlaubt, ihrerseits die Vaterrolle als zweitrangig zu behandeln.

Die Zukunft kann nur dann weiblich sein, wenn sie sich nicht über menschliche Grundtatsachen hinwegsetzt. Die wichtigste ist nun einmal, dass die Zukunft zuallererst die Kinder sind, um die Erwachsene sich kümmern müssen. Und ein menschlicher Grundtatbestand ist auch die größte Ungerechtigkeit der Welt: Kinder werden von Frauen geboren. Und kleine Kinder brauchen ihre Mütter dringlicher als die Väter, wie umgekehrt die Frauen ihre kleinen Kinder mehr brauchen als das für Männer gilt. Jedenfalls für einige Zeit

Dass es sich dabei allerdings auch um die schönste Ungerechtigkeit der Welt handelt, dass Gabi Bauer so gar nicht verbittert wirkt mit der Aussicht auf ihre Zwillinge - das wären einmal wirklich neue Themen für Frauenkongresse. Das Motto könnte übrigens an alte Zeiten anknüpfen: Mutterschaft? Die Scham ist auch vorbei.

Wahrheit ist immer gut, die Wirkung aber nicht unwichtig. Insofern wird sich die Frage, ob die politisch-private Entscheidung von Gabi Bauer für Mütter ein Schubs nach vor ist, erst in ein paar Jahren erweisen. Dann nämlich, wenn sie zurück will in die erste Reihe des ersten Programms. Wir werden einschalten und gucken, ob sie wieder da ist.

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