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Finanzen in Berlin: SPD, Linke und Grüne wollen Überschüsse verschleudern

Der Hauptstadt geht es finanziell endlich wieder besser, die Halbzeitbilanz 2013 stimmt hoffnungsfroh. Jetzt muss sich Berlin weiter in diese Richtung bewegen - doch manche Parteien wollen lieber die eigene Klientel bedienen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Und keinen Finanzminister vor dem testierten Abschluss des Haushaltsjahres. Doch selbst bei vorsichtiger Betrachtung, die im Umgang mit Geld stets anzuraten ist, stimmt die Halbzeitbilanz 2013 für viele Bundesländer hoffnungsfroh. Nicht nur Bayern und Sachsen, sondern auch Berlin und Brandenburg haben bis Ende Juni prächtige Überschüsse erwirtschaftet. Drei weitere Länder ebenfalls, und wenn die Konjunktur noch mehr in Schwung kommt, was viele Wirtschaftsforscher erwarten, könnte sich die finanzielle Lage der öffentlichen Hand bis zum Jahresende geradezu sensationell verbessern.

Berlin ist in der Halbjahresbilanz des Bundesfinanzministeriums ganz vorn dabei, was viele Menschen überrascht, denen das Heulen und Zähneklappern der lange notleidenden Hauptstadt noch immer in den Ohren klingt. Aber die deutsche Metropole, einst geteilt, ausgepowert und geplündert, hat sich auf den Weg gemacht. Mit dem Ziel, eine global wichtige Wirtschaftsregion zu werden. Ein mühsamer Weg ist das, aber die Kennziffern weisen darauf hin, dass die Richtung stimmt. Im Ergebnis könnte, wenn es nicht zu größeren Konjunktureinbrüchen kommt, der öffentliche Haushalt Berlins bis zur Reform des Länderfinanzausgleichs 2020 durchgehend schwarze Zahlen schreiben.

Und dann? Alles hängt davon ab, wer im Verteilungskampf, bei dem Bund und Länder erfahrungsgemäß keine Verwandten mehr kennen, obsiegt. Sind es Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, die seit Jahren alle Last des Finanzausgleichs tragen, wird die Hauptstadt finanzpolitisch wieder die weiße Fahne hissen müssen. Jene drei bis vier Milliarden Euro, die allein der Freistaat jährlich für Berlin herausrückt, wären dann zum großen Teil verloren. Mit oder ohne Hilfe des Bundesverfassungsgerichts.

So schlimm wird es wohl nicht kommen, weil viele andere regionale, fiskalische und parteipolitische Interessen in den neuen Finanzausgleich einfließen. Vielleicht sogar die Einsicht, dass es über die Grenzen Deutschlands hinaus hochnotpeinlich wäre, die Hauptstadt wie einen Bettler mit dem Hut in die Ecke zu stellen. Es gibt also Hoffnung, dass Berlin ab 2020 nicht ins Elend zurückfällt. Jedenfalls dann, wenn die Stadt nicht zuerst auf die Empathie der bundesweiten Solidargemeinschaft setzt, die ohnehin schwach ausgeprägt ist, sondern auf eigene Kräfte.

Die gibt es. Das Bruttoinlandsprodukt wächst seit Jahren überdurchschnittlich, getrieben von forschungsnahen und kreativen Unternehmen. Oft klein – aber oho. Der boomende Immobilienmarkt bringt nicht nur Probleme, sondern auch Grunderwerbsteuereinnahmen von jährlich 700 bis 800 Millionen Euro. Berlins Landeshaushalt ist recht schlank, es fehlt noch etwas Feinschliff beim Sparen, aber an Spree und Havel hat sich in einem schmerzvollen Prozess der gesellschaftliche Konsens herausgebildet, dass die öffentlichen Ausgaben nur noch in Höhe der Teuerungsrate wachsen dürfen.

Berlin wird sich, von wem auch immer regiert, in dieser Richtung weiter abmühen müssen. Als finanzpolitisches Vorbild für die bundesstaatliche Gemeinschaft. Nur so hat die Stadt eine Überlebenschance. Leider gibt es auch gegenläufige Tendenzen, erkennbar bei SPD, Grünen und Linken. Dort wächst die Begehrlichkeit, aktuelle Finanzüberschüsse zugunsten der eigenen Wählerklientel abschöpfen zu wollen. Das wäre ein großer Spaß. Aber nur ein kurzes Vergnügen.

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