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Ian Paisley tritt zurück: Friedensschurke

Der nicht ganz freiwillige Rücktritt des nordirischen Regierungschefs Ian Paisley wirft interessante Fragen über die Gestaltungsmacht von Individuen in historischen Prozessen auf. Denn Paisley, der Geist, der stets verneinte, schuf die verderblichen Emotionen, die Nordirland für fast 40 Jahre entzweiten, ja nicht aus dem Nichts.

Der nicht ganz freiwillige Rücktritt des nordirischen Regierungschefs Ian Paisley wirft interessante Fragen über die Gestaltungsmacht von Individuen in historischen Prozessen auf. Denn Paisley, der Geist, der stets verneinte, schuf die verderblichen Emotionen, die Nordirland für fast 40 Jahre entzweiten, ja nicht aus dem Nichts. Er appellierte an schlummernde Instinkte, er weckte vorhandene Ängste und nutzte sie schamlos für seine politische Karriere. Doch als Paisley dann am Ende eines langen Lebens alle seine Widersacher entmachtet hatte, packte er die Chance, selbst Macht auszuüben, mit beiden Händen. Der Pakt, der im letzten Mai zur Bildung einer Koalition mit seinen einstigen Todfeinden in der IRA und Sinn Féin führte, ist identisch mit dem Friedensabkommen von 1998 und unterscheidet sich nicht fundamental von einer früheren Vereinbarung, die Paisley 1974 handgreiflich sabotiert hatte. Aber diesmal trug der Kompromiss Paisleys Unterschrift: Die politische Verantwortung als Sprecher der protestantischen Mehrheit hatte eine mäßigende Eigendynamik entwickelt, die Verlockungen der Macht erwiesen sich als unwiderstehlich. Die lange Dauer dieses Konflikts wäre ohne den Brandstifter in der pfarrherrlichen Robe kaum denkbar gewesen. Dass dieser Mann nun als mutiger Friedensstifter in die Geschichte einzugehen wünscht, mag widerwärtig erscheinen. Aber bekanntlich wird jede Geschichte durch ihren Schluss definiert. ali

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