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Meinung: Gott, Glaube, Drangsal

Die deutsche Außenpolitik sollte sich stärker um verfolgte Christen kümmern.

Als sich die Demonstranten vor zweieinhalb Jahren auf dem Tahrir-Platz in Kairo versammelten, standen Muslime, Christen und Atheisten Seite an Seite. Gemeinsam kämpften sie für demokratische Rechte und freie Religionsausübung. Es kam anders.

Heute geht es den christlichen Kopten in Ägypten schlechter als vor drei Jahren. Sie werden schikaniert und drangsaliert. Freie Religionsausübung gestehen die Muslimbrüder nur den Muslimen zu und nur denen, die ihnen genehm sind.

Ägypten ist ein Beispiel von vielen, das zeigt, dass immer häufiger politische und soziale Konflikte religiös überwölbt und verbrämt werden. An was ein Mensch glaubt und zu welchem Gott er betet, entscheidet in immer mehr Regionen der Welt darüber, welche Rechte ihm zugestanden werden. Mit Religionsfreiheit hat das nichts zu tun.

Der Befund müsste die Bundesregierung alarmieren. Denn Religionsfreiheit ist kein Luxusgut, um das zu kämpfen sich lohnt, wenn alle anderen Rechte erreicht sind. Religionsfreiheit ist ein elementares Menschenrecht und genauso wichtig wie Frauenrechte oder die Rechte Homosexueller. Im säkularen Westen wird das bisweilen vergessen. Das Engagement für die Religionsfreiheit sollte deshalb endlich eine gewichtigere Rolle in der deutschen Außenpolitik spielen.

In ihrem neuen, gemeinsamen Bericht weiten die christlichen Kirchen den Blick – weg von der reinen Christenverfolgung, hin zur Lage der Religionsfreiheit allgemein. Man will den Vorwurf der Klientelpolitik vermeiden. Allerdings weiten sie den Blick so sehr, dass er verschwimmt. Werden Christen aus anderen Gründen bedrängt als Muslime oder Buddhisten? Man erfährt es nicht. Es mutet auch kurios an, wenn Großbritannien auf eine Stufe mit dem Jemen oder dem Sudan gestellt wird, weil Großbritannien asylsuchenden Muslimen die freie Religionsausübung verwehrt.

Ein fundierter Bericht über die Lage der Christen in der Welt wäre ebenso verdienstvoll und vermutlich trennschärfer. Vielleicht würden sich auch klarere Handlungsanleitungen ablesen lassen. Wer die ganze Welt retten will, kann sich leicht verzetteln.

Die Außenpolitik sollte sich deshalb erstmal auf die Christen konzentrieren. Da ist genug zu tun.

Das ist Klientelpolitik. Ja und? Deutschland ist immer noch ein mehrheitlich christlich geprägtes Land. Sich dafür einzusetzen, dass chinesische Katholiken an den Papst glauben dürfen und Protestanten in Indonesien beim Bau einer Kirche zu unterstützen, heißt ja nicht, Muslime, Buddhisten oder Hinduisten abzuwerten. Im Gegenteil. Auch das ist ein Ergebnis der neuen Untersuchung: Wo Christen unterdrückt werden, werden meist auch den anderen religiösen Minderheiten Rechte verwehrt. Sich für die Religionsfreiheit der Christen einzusetzen, bedeutet, für Demokratie zu streiten. Das sollte es wert sein.

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