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Meinung: Gründer ohne Boom

Auf den ersten Blick scheint es eine gute Nachricht zu sein: Das Berliner Handwerk erlebt einen regelrechten Gründungsboom, die Zahl der neuen Betriebe ist im vergangenen Jahr um elf Prozent gestiegen. Schön, könnte man meinen.

Auf den ersten Blick scheint es eine gute Nachricht zu sein: Das Berliner Handwerk erlebt einen regelrechten Gründungsboom, die Zahl der neuen Betriebe ist im vergangenen Jahr um elf Prozent gestiegen. Schön, könnte man meinen. Schließlich ist bisher mit der Zahl der Betriebe immer auch die Zahl der Jobs gestiegen. Doch heute gilt diese Regel offensichtlich nicht mehr. Im Gegenteil: Die vielen neuen Unternehmen schaffen keine neuen Jobs, sie vernichten vielmehr welche. Denn ein Großteil von ihnen sind IchAGs, die als Scheinselbstständige jene Arbeiten ausführen, die früher reguläre Arbeitnehmer erledigt haben. Beispiel Malergewerbe: 167 neue Betriebe wurden im vergangenen Jahr in Berlin gegründet – gleichzeitig stieg die Arbeitslosenquote in dieser Branche auf unglaubliche 72 Prozent. Eine ganz neue Form von Verdrängungswettbewerb: Nicht Unternehmen gegen Unternehmen, sondern Selbstständige gegen abhängig Beschäftigte. Dabei verkehrt sich das Ziel der Arbeitsmarktreformen in das Gegenteil. Schließlich sollte durch das Instrument der Ich-AG die Arbeitslosigkeit bekämpft und nicht noch erhöht werden. Die Akzeptanz für weitere Reformen wird so nicht steigen. Dabei besteht angesichts der hohen Arbeitslosigkeit gerade in Berlin noch großer Handlungsbedarf. Denn was die Stadt braucht, sind echte neue Jobs – und keinen Gründerboom, der nur statistisch stattfindet. awm

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