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Meinung: Handel mit Grenzen

Warum Deutschland keine Waffen an China liefern darf Von Ellen Bork

Amerikanische Beobachter erinnerte das Votum des Bundestages gegen ein Ende des EUWaffenembargos gegen China an die Situation von 1978: Damals, Jimmy Carter hatte gerade den politischen Kontakt zu Taiwan abgebrochen, mischte sich der Kongress in die Chinapolitik des Präsidenten ein. Er unterstützte inoffizielle Kontakte mit Taiwan und genehmigte Waffenverkäufe. Nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens war es wieder der Kongress, der dann Präsident Bush senior zu einer härteren Haltung zwang.

Weder der US-Kongress noch der Bundestag haben das letzte Wort bei der Politik ihrer Länder. Trotzdem war der Beschluss wichtig, weil er deutlich macht, wie groß die Basis für eine gemeinsame Chinapolitik zwischen Deutschland und den USA sein könnte. Zuletzt schien eine solche Zusammenarbeit in weite Ferne gerückt. Das amerikanische Bemühen, Informationen über die chinesische Aufrüstung und die labile Situation Taiwans auszutauschen, stieß auf nicht viel Gegenliebe. Washington wird dabei vermutlich über Chinas Militärausgaben gesprochen haben, einschließlich der Waffenkäufe (die laut mancher Schätzungen zwischen 1990 und 2000 um 1000 Prozent gestiegen sind). Selbst diese alarmierenden Zahlen bleiben möglicherweise noch hinter der Realität zurück. Denn Chinas Verteidigungsbudget wächst schätzungsweise zwei bis drei Mal so stark wie die offiziellen 13 Prozent pro Jahr.

Was bedeutet Pekings Aufrüstung? Und was für einen Unterschied würden europäische Waffenlieferungen machen? Der hochrangige Pentagonmitarbeiter Richard Lawless behauptet: „Chinas Fähigkeit, seine militärische Stellung auszubauen, sein Waffenarsenal zu integrieren und so zu vergrößern, hat dramatisch zugenommen … Was die EU heute in Sachen Waffenembargo gegen China tut oder nicht tut, ist sehr viel entscheidender als noch vor vier oder fünf Jahren.“ Das Pentagon meint, dass das militärische Gleichgewicht bereits im kommenden Jahr zu Gunsten Chinas ausschlagen wird.

Da sie nicht direkt von einem militärischen Konflikt betroffen wären, teilen viele europäische Führer amerikanische Ängste nicht. Die meisten bezweifeln, dass Peking vor den Olympischen Spielen 2008 gegen Taiwan aktiv werden könnte. Im vergangenen Jahr jedoch betonte ein General der Volksarmee, dass China sich nicht von eigenen Opfern oder internationalen Sanktionen beeindrucken lassen würde – einen Boykott der Spiele eingeschlossen. Die Bemerkung des Generals ist der Ausdruck einer spezifischen chinesischen Haltung in militärischen und strategischen Angelegenheiten. Eine Studie der Rand Corporation kam zu dem Ergebnis, dass nicht einmal seine „relative Schwäche China notwendigerweise davon abhalten wird, militärische Macht einzusetzen“.

Ein anderes Hindernis für eine transatlantische Zusammenarbeit ist historisch bedingt: Seit dem Zweiten Weltkrieg haben die USA Truppen in Asien stationiert. Mit dem Ergebnis, dass sie in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle für die Sicherheit in der Region gespielt haben. Da die Europäer diese Rolle nie innehatten, deuten sie den amerikanischen Widerstand gegen ein Aufheben des Embargos leicht falsch: als Sicherung von Handelsinteressen. Ohne Frage gibt es in den USA – wie auch in Europa – internen Druck, mit China Handel zu treiben. Aber anders als in Europa werden amerikanische Handelsinteressen von Sicherheitsverpflichtungen ausbalanciert. Die USA haben in entscheidendenden Momenten dazu beigetragen, den demokratischen Wandel in Ländern wie Südkorea, den Philippinen und Taiwan herbeizuführen. Deshalb finden die Amerikaner es empörend, dass einige europäische Politiker ihre China-Interessen mit einer Eindämmung Amerikas verknüpfen. Auf viele Europäer wirkt das viele Reden von Menschenrechten moralisierend. Doch was würden sie auf die Appelle der chinesischen Dissidenten sagen? Bao Tong, der ranghöchste Parteifunktionär, der für seine Kritik am Massaker vom Platz des Himmlischen Friedens eingesperrt wurde, meint, dass die Menschenrechtssituation in China sich „ohne internationalen Druck nicht verbessern wird.“

Gerhard Schröder hat gelobt, sich weiter für ein Ende des Embargos einzusetzen. Doch von nun an wird er mit stärkerer Einmischung seiner Koalition rechnen müssen. Früher oder später wird die ihm deutlich machen, dass Deutschland und die USA mehr miteinander verbindet als mit der kommunistischen Diktatur in Peking.

Die Autorin ist Vizechefin des Washingtoner Forschungsinstituts Project for the New American Century.

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