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Meinung: „Ich hab’ die Schnauze voll“

Das passt schon alles ins Bild, wie sich der Ludwig Stiegler so anzieht und wie er sich gibt und was er sagt und wie er es sagt. Die SPD in Bayern, das ist eher eine Partei für Liebhaber von Ausgefallenem.

Das passt schon alles ins Bild, wie sich der Ludwig Stiegler so anzieht und wie er sich gibt und was er sagt und wie er es sagt. Die SPD in Bayern, das ist eher eine Partei für Liebhaber von Ausgefallenem. Bei 25 Prozent Zweitstimmen mag man ja von Volkspartei nicht mehr so recht sprechen, und direkt durchgebracht haben sie im ganzen Bundesland auch nur einen einzigen Kandidaten, den Axel Berg im Wahlkreis München-Nord. Aber dafür hat Bayerns SPD immer sehr forsche Vertreter erst nach Bonn, dann nach Berlin entsandt. Und Ludwig Stiegler, der Fraktionsvize, ist genau so einer.

Studiert hat er Jura, und sich dann niedergelassen als Rechtsanwalt in Weiden in der Oberpfalz. Spezialisiert ist der 61-Jährige aber mehr auf Angriff als auf Verteidigung. Seit 1980 sitzt er im Bundestag, 2002 war er einige Monate Fraktionsvorsitzender, als Peter Struck das Verteidigungsministerium übernahm, weil Rudolf Scharping baden gegangen war. Stiegler verkörpert das, was man sich unter einem bayerischen Volksvertreter vorstellt. Herzlich, aber saugrob. Nicht alles ist zitierbar, wegen dem Jugendschutz. Aber wenn er sagt, er habe die Schnauze voll von dem ganzen Professorengeschwätz über die Reformen, verstehen ihn auch die Eltern, die sonst den Kindern die Ohren zuhalten, wenn der „Luigi“, wie sie ihn daheim nennen, loslegt.

Stiegler ist ein Schröder-Mann, einer, der 200-prozentig zum Gerhard steht und jedem an die Waden geht, der wackelt. „Wir sind Kanzler!“, jubelte er am 19. September. Und als Klaus Wowereit und Kurt Beck daran Zweifel anmeldeten, nannte er den ersteren einen Dampfplauderer, der besser das Maul halte, und den anderen „locker, leichtsinnig, unsolidarisch“ – Parteiverrat betreibe der. Peer Steinbrück, schon mal als Schröder-Ersatz gehandelt, sei einer aus „der abgewählten zweiten Reihe“.

Wer nun meint, Ludwig Stiegler suche die Ziele seines Zornes gerne in der eigenen Partei, weiß nur die Hälfte. Der Feind steht rechts, klar, und hat einen Namen: Angela Merkel. Merkel ist gegen alles, was die SPD gegen die bürgerliche Gesellschaft erkämpft hat, sagte er in einem Interview der „Chemnitzer Freien Presse“, Schröder und die Partei hingegen „wie eine verschmolzene Kugel“.

Wer nun glaubt, Ludwig Stiegler sei der Dampfplauderer, sieht nur die halbe Wahrheit. Man muss ihn ernst nehmen. Wenn nur sein Landesverband nicht so wenig bedeutend wäre …

Gerd Appenzeller

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