zum Hauptinhalt

Meinung: „Ich verleugne meine arabische Herkunft nicht“

In den Niederlanden sitzen zwei muslimische Staatssekretäre in der Regierung, in den USA hat ein Schwarzer gute Chancen, der nächste Präsident zu werden. Nur in Berlin, der größten türkischen Stadt außerhalb der Türkei, wird man wohl noch Jahrzehnte auf Türken in hohen politischen Funktionen warten müssen.

In den Niederlanden sitzen zwei muslimische Staatssekretäre in der Regierung, in den USA hat ein Schwarzer gute Chancen, der nächste Präsident zu werden. Nur in Berlin, der größten türkischen Stadt außerhalb der Türkei, wird man wohl noch Jahrzehnte auf Türken in hohen politischen Funktionen warten müssen. In Minderheitenfragen ist Israel trotz seines bitteren Konflikts mit den Arabern schon weiter: Seit einigen Tagen bekleidet der Druse Madschali Wahabi das höchste Amt im jüdischen Staat. Weil Präsident Mosche Katsav infolge einer Sexaffäre eine Auszeit nehmen musste und seine Vertreterin, Parlamentspräsidentin Dalia Itzik, eine Woche auf Amerikareise ist, amtiert nun der Knesset-Vize als Präsident.

Israel bleibt widersprüchlich: Einerseits sitzt mit Avigdor Lieberman ein Rechtsextremer in der Regierung, der illoyalen israelischen Arabern die Staatsbürgerschaft entziehen will. Andererseits macht niemand großen Wirbel darum, dass Wahabi nun für kurze Zeit oberster Repräsentant Israels ist. Das hat mit den Drusen zu tun, die dem Staat positiv gegenüberstehen und mehrheitlich in der Armee dienen. Es hat aber auch mit Wahabi zu tun, der wie kaum ein anderer für Integration steht: In der Armee hat er es bis zum Oberstleutnant gebracht, zudem studierte er in Jerusalem islamische Geschichte und in Haifa Nahostwissenschaften.

Eine frühe Verbindung zu Ariel Scharon brachte ihn dann in die konservative Likud-Partei: Wahabis Bruder wurde Anfang der 80er Jahre bei einem Unfall mit einem Armeejeep schwer verletzt, worauf Scharon die ganze Familie „adoptierte“. Wahabi wurde so Mitte der 90er zum wichtigstem Verbindungsmann des Likud-Führers zur arabischen Welt und hatte nach dessen Wahl zum Premier 2001 viel zu tun, arabischen Führern den „Bulldozer“ zu erklären.

Wahabi setzt sich in der Knesset für die Belange der Drusen ein, einer aus dem Islam hervorgegangenen Geheimreligion. Anders als bei manch arabisch-muslimischen Knesset-Abgeordneten, die zuweilen in panarabische Rhetorik verfallen, stand Wahabis Loyalität nie infrage. Scharon beauftragte ihn gerne mit sensiblen Geheimmissionen in Jordanien oder Ägypten, wo er half, so manche Krise zu entschärfen, etwa indem er mit Hosni Mubarak von „Fellache zu Fellache“ redete, wie Wahabi einmal berichtete. „Ich verleugne meine arabische Herkunft nicht“, sagt er, „aber man sollte zwischen Arabertum und arabischem Nationalismus unterscheiden“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false