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Im WORTlaut: ''EU zahlt einen hohen Preis''

Eine vor zwei Wochen bekannt gewordene US-Geheimdienststudie kommt zu dem Schluss, dass die USA in den kommenden 20 Jahren stark an Einfluss verlieren werden. Aber Europa wird eine noch düstere Zukunft vorhergesagt – wie der Blick in ein bisher kaum zitiertes Kapitel der Untersuchung zeigt.

„Wir glauben, dass es bis 2025 kaum Fortschritte bei der Umsetzung dessen geben wird, was den europäischen Eliten als Vision vorschwebt: Ein einflussreicher globaler Akteur zu sein, der mit einer Stimme spricht und in der Lage ist, die vollständige Bandbreite an politischen, wirtschaftlichen und militärischen Instrumenten einzusetzen. Die EU müsste dazu die demokratische Kluft schließen, die sich zwischen Brüssel und den europäischen Wählern auftut. Außerdem müsste sie ihre fortlaufende Debatte über institutionelle Reformen zu Ende bringen.

Das europäische Modell des sozialen Wohlfahrtsstaats wird durch den Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung auf eine harte Probe gestellt. Die Wirtschaft dürfte nur noch in kleinen Schritten liberalisiert werden – bis die demografische Entwicklung oder ein fortdauernder wirtschaftlicher Stillstand dramatischere Veränderungen notwendig machen. Die Verteidigungsausgaben werden aller Voraussicht nach weiter gesenkt, um tiefgreifende Strukturveränderungen innerhalb der sozialstaatlichen Wohlfahrtsprogramme abzuwenden.

Die strategischen Aussichten Europas sind beschränkter als die der Vereinigten Staaten – selbst wenn es der EU gelingen sollte, die Ämter eines europäischen Präsidenten und eines europäischen Außenministers zu schaffen. Die Europäische Union wird auch im Jahr 2025 keine bedeutende militärische Kraft sein.

Ein Problem wird sein, dass die Verteidigungsausgaben innerhalb der EU wohl auch in Zukunft nicht aufeinander abgestimmt werden. Außerdem gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen bei der Frage, durch was Europa überhaupt bedroht ist. Auch künftig werden die größeren Mitgliedstaaten mit ihrem jeweiligen nationalen Interessen eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union erschweren. Möglicherweise wird in diesem Zusammenhang auch die europäische Unterstützung für die Nato zurückgehen.

Europa wird noch 2025 in hohem Maße von Energielieferungen aus Russland abhängig sein – trotz aller Anstrengungen, die Energieeffizienz zu verbessern und erneuerbare Energien zu fördern. Die Bemühungen, eine gemeinsame Energiepolitik zu betreiben, werden durch verschiedene Faktoren erschwert: Die unterschiedliche Bewertung bei der Frage, welche Rolle Brüssel spielen soll, die unterschiedliche Abhängigkeit der einzelnen Staaten von Russland und verschiedene Ansichten, was die wirtschaftlichen Absichten und die demokratische Reife Russlands betrifft.

Diese Abhängigkeit wird dazu führen, dass den Interessen Russlands in wichtigen Mitgliedstaaten wie Deutschland und Italien (die in Russland einen zuverlässigen Lieferanten sehen) hohe Aufmerksamkeit geschenkt wird. Europa könnte für seine Abhängigkeit einen hohen Preis zahlen – besonders, falls russische Firmen künftig nicht in der Lage sein werden, Verträge zu erfüllen, weil sie zu wenig in die Erschließung neuer Gasfelder investiert haben.“

Aus dem Englischen übersetzt von Fabian Leber.

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