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Meinung: Immer Ärger mit den Kindern

Wie Bund und Länder sich um das Sorgerecht streiten

Von Hans Monath

Frankreich, du hast es besser! Neidisch schauen viele deutsche Familien auf das Nachbarland, in dem ein lückenloses Angebot an Betreuungseinrichtungen Frauen mit kleinen Kindern hilft, auch als Mütter ihrem Beruf treu zu bleiben. Neidgefühle können auch Berliner Bildungs- und Familienpolitiker beim Blick auf ihre Pariser Kollegen überkommen: Was die Hauptstadt beschließt, hat im Zentralstaat auch in der fernen Provinz prompte Wirkung. Die rot-grüne Koalition dagegen ist beim Versuch, den Familien das Leben leichter zu machen, auf viele Partner angewiesen, wie der aktuelle Streit um ihr Programm zum Ausbau der Ganztagsschulen zeigt.

Auch wenn das Bildungsministerium nun versichert, ihr Programm sei keineswegs gescheitert, bleibt ein Strukturproblem: Wenn die Bundesregierung mehr Betreungsplätze an Schulen schaffen will, muss sie im föderalen System mit den Ländern zusammenarbeiten. Der Bund kann so viel Geld geben, wie er will. Dadurch entsteht noch kein einziger Hort, wird kein einziger Erzieher eingestellt. Denn dafür müssen Kommunen und Länder sorgen. Die aber verfolgen viele eigene Interessen – gerade in einer Zeit, da sie mit dem Bund um die Finanzen ringen.

Der gesellschaftliche und politische Erfolgsdruck aber ist enorm hoch: Im Kampf gegen die Veralterung Deutschlands ist die Betreuungsfrage ein zentraler Hebel. Denn die meisten jungen Menschen wünschen sich Kinder, schrecken aber angesichts einer wenig kinderfreundlichen Gesellschaft vor diesem Wagnis zurück. Und beide Regierungsfraktionen sehnen sich nach einem halben Jahr Debatte um Kürzungen und Zumutungen nach eindeutig positiven Botschaften. Dass die Koalition sich um die Gestaltung der Zukunft bemüht, ließe sich an der Familienpolitik gut erklären: Seht her, wir sparen, weil wir Eltern das Leben erleichtern und der nächsten Generation bessere Startbedingungen geben wollen. Damit unser Land nicht vergreist und gleichzeitig lebenswerter und risikobereiter wird. Ein solches Signal könnte auch kritische Parteitage beeindrucken. Damit diese Botschaft aber ankommt, muss die Regierung ganz konkrete, handfeste Erfolge vorweisen.

Weil sie nicht durchgreifen kann, versucht die Koalition mit Familienministerin Renate Schmidt vorneweg gesellschaftliche Bündnispartner für ihre Politik zu gewinnen. Sie will ein Klima schaffen, in dem auch Kommunen unter Druck geraten, das Bundesangebot anzunehmen. Dass EKD-Präses Manfred Kock nun laut Erleichterungen für Eltern und Kinder anmahnt, ist deshalb eine gute Nachricht. Kocks Intervention zeigt auch: Es hängt nicht nur von Politikern ab, ob dieses Land in der Familienpolitik vorankommt.

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