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Meinung: „Ja, gut, ich habe einfach draufgehalten“

Es kann keine Zweifel geben, wer Mann des Jahres 2006 war. Der Hacklschorsch war es nicht, obwohl er bei seiner 27.

Es kann keine Zweifel geben, wer Mann des Jahres 2006 war. Der Hacklschorsch war es nicht, obwohl er bei seiner 27. Olympiateilnahme wieder eine feine Figur abgegeben hat. Aber nun ist er zurückgetreten und hat keine Zukunft. Auch Jan Ullrich stand kurz vor der Nominierung, aber ein Sieg bei einer Tour de France, bei der Lance Armstrong nicht mitfährt, reicht eben nicht zur Kürung. Nein, Mann des Jahres 2006 ist eindeutig, unstrittig, über alle anderen erhaben: Robert Huth. Oder, um es in der Sprache seiner Wahlheimat zu sagen und weil er ja bekanntlich für Chelsea in London spielt: He’s the man.

Und da steckt ja schon einer der Gründe, warum Huth, 22, der Beste der Besten 2006 war. Weil er ja nicht für Chelsea spielt, er sitzt ja nur auf der Bank für Chelsea. Schon als der gebürtige Berliner 2001 vom 1. FC Union Berlin von den traditionsreichen Londonern engagiert wurde, wurde gemunkelt, dass dies nicht seiner spielerischen Klasse geschuldet war, sondern dem „th“ im Namen. Folgerichtig wird er auch „Huuusss“ gerufen auf der Insel, was zu dem in seinem Fall sehr einleuchtenden Wortspiel „Who’s perfect?“ führt.

Am Ball und auf dem Platz ist Huth es nicht. Und wenn er läuft und dabei die Arme nicht wie jeder andere Mensch auf der Welt anwinkelt, sondern senkrecht runterhängen lässt, muss man leider sagen, lauftechnisch ist er’s auch nicht. Aber: Wer hatte sich denn am 9. Juli in der 96. Minute des Finales zu Berlin den Ball geschnappt? Wer hatte die Traute, den Elfmeter gegen die Brasilianer nicht nur zu schießen, sondern auch zu verwandeln und damit den 1:0-Sieg zu sichern? Poldi Podolski war es nicht. Der hatte den Elfmeter zwar rausgeholt, sich aber dann aus lauter Scham über diese eindeutige Schwalbe hinter der Eckfahne versteckt. Michael Ballack war es auch nicht. Der hatte im Achtelfinale Roy Makaay gefoult – foulen müssen, sonst hätte der den holländischen Siegtreffer erzielt –, war dann ein Spiel gesperrt gewesen und konnte sich anschließend bis zum Schlusspfiff des Finales nicht entscheiden, ob er mitspielen wollte oder nicht. Auch Jens Lehmann hatte keine Zeit. Der hatte alle Aufgaben gemeistert, die ihm die Brasilianer gestellt hatten, und, weiß Gott, das waren schwere Aufgaben. Aber dann, als Poldi den Elfmeter schund, musste Lehmann Oliver Kahn eine lange Nase zeigen, jeder hatte Verständnis dafür. Nein, es war Robert Huth, der Mann des Jahres 2006: Wir sind Huth!

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