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Meinung: Jammern auf hohem Niveau

„Senat will Wohnungsbau beschleunigen“ vom 3. Mai Was ist eigentlich „bezahlbarer“ Wohnraum?

„Senat will Wohnungsbau beschleunigen“ vom 3. Mai

Was ist eigentlich „bezahlbarer“ Wohnraum? Man könnte das Wort „bezahlbar“ zum Unwort des Jahres erklären. Bezahlbar ist erst einmal alles – bloß, für wen? Es sollte Konsens sein, dass nicht die Wohnung an sich bezahlbar oder nicht bezahlbar ist, sondern, dass Menschen in einer bestimmten Einkommenssituation mit einem Anteil (z. B. 30 Prozent) ihres Nettolohnes angemessenen Wohnraum mieten können. Was ist angemessen für einen Studenten, für eine fünfköpfige Familie (Vater BVG-Busfahrer), für das Juristenehepaar, das sich für Hunde und nicht für Kinder entschieden hat?

Annahme für die angemessene bezahlbare Wohnung: Ein Zimmer pro Person, Küche/Bad für alle, die staatliche Hilfe beanspruchen.

Der unstrittig staatliche Auftrag, für angemessenen und bezahlbaren Wohnraum für jeden zu sorgen, kann nur auf den einzelnen Haushalt gerichtet sein und nicht auf die Subventionierung von Wohnungen. Berlin hat Erfahrungen im Subventionieren im Wohnungsbau. Zu Zeiten des „sozialen“ Wohnungsbaus waren die Grundstücke am teuersten, die in die „Förderkulisse“ passten. Auf heute übertragen heißt das, sobald in den Wohnungsbau hineinsubventioniert wird, steigen die Grundstückspreise noch weiter. Auch die Sozialbindung der Wohnung wird eines Tages überholt sein: Denn der Student wird Informatiker, beim Busfahrer sind die drei Kinder erwachsen und erfolgreich im Beruf, die Mutter arbeitet auch wieder, und die Subventionierung passt nicht mehr.

Verantwortliche und soziale Wohnungspolitik müssten Regelungen schaffen, dass der wirtschaftlich schwächere Haushalt auf dem Wohnungsmarkt mithalten kann, damit Wohnraum bezahlbar bleibt. Es ist erstaunlich, dass in der gegenwärtigen Diskussion das vorhandene System des Wohngeldes als Hilfe für genau diese Haushalte kaum erwähnt wird. Es könnte aber auch sein, dass die Forderung nach bezahlbarem Wohnraum bei vielen die Hoffnung auf „windfallprofit“ weckt: Man klagt mit dem Arbeitslosen über seine hohe Miete, um durch staatlich subventionierte generelle Mietsenkung selber günstig mieten zu können.

Jens Krause, Staatssekretär a. D.,

Berlin-Wilmersdorf

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