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Katholische Bischöfe: Vorbild Benedikt

Mit Robert Zollitsch haben die Kirchenführer Erfahrung statt Jugend gewählt - wie in Rom.

Ein 69-Jähriger folgt auf einen 71-Jährigen: Generationswechsel kann man die Neubesetzung an der Spitze der katholischen Bischofskonferenz wohl nicht nennen. Und dennoch ist Robert Zollitsch eine gute Wahl als Nachfolger des nach gut 20 Jahren zurückgetretenen Mainzer Kardinals Karl Lehmann. Der Freiburger Erzbischof verkörpert Ausgeglichenheit und Solidität, er ist ein guter Zuhörer und Moderator – wenn auch kirchenpolitisch bisher ein unbeschriebenes Blatt und außerhalb seiner Diözese kaum bekannt.

Erst seit fünf Jahren ist er Oberhirte von Freiburg, in puncto Katholikenzahl immerhin die zweitgrößte deutsche Diözese. Dort hat er sich in kurzer Zeit den Ruf erworben, sein Erzbistum pastoral erneuert, organisatorisch im Griff und finanziell unter Kontrolle zu haben. Als Chef des Verbands der Diözesen Deutschlands war er außerdem für die gemeinsamen Finanzen der deutschen Bistümer zuständig und genoss an dieser Schaltstelle einen exzellenten Ruf.

Insofern ist die Wahl von Zollitsch primär ein Signal nach innen. Fast alle Diözesen kämpfen mit tiefgreifenden Umwälzungsprozessen, die noch bis weit ins nächste Jahrzehnt dauern. Die katholische Kirche muss sich neu organisieren, angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen, rapide sinkender Priesterberufungen und reduzierter finanzieller Spielräume. Das volkskirchliche Gepräge hat sich überlebt, die gewohnte flächendeckende Versorgung mit Pfarreien überfordert längst die Kräfte. Die Zahl der Kirchenbesucher ist in den letzten zwanzig Jahren von 6,4 Millionen auf 3,6 Millionen geschrumpft. Mehr als zwei Millionen Mitglieder haben in diesem Zeitraum der katholischen Kirche gänzlich den Rücken gekehrt. Die verbliebenen Gläubigen, aber auch die Priester, Laientheologen und kirchlichen Angestellten müssen von Vertrautem Abschied nehmen – und gleichzeitig den anstehenden Generalumbau mit Ideen füllen und der Kirche neue Felder des Wirkens erschließen. Sonst dominiert am Ende das Gefühl von Verlust, Rückzug, Frustration und Enttäuschung.

In dieser Situation folgt die Wahl Zollitschs für Deutschland dem Vorbild der Papstwahl 2005 für die Gesamtkirche. Auch damals galt es, eine ungewöhnlich lange Amtszeit zu beerben. Auch damals fiel die Entscheidung nicht sofort auf einen deutlich Jüngeren, sondern auf einen erfahrenen Älteren. Der steht für Kontinuität und Vertrauen. Vielleicht ist er an der einen oder anderen Stelle ja auch für eine Überraschung gut.

Selbst wenn erst im dritten Anlauf mit einfacher Mehrheit gewählt, so ist das Votum für Zollitsch doch eine Niederlage für den neuen Münchner Oberhirten Reinhard Marx. Seine Chancen auf den bischöflichen Spitzenjob sind beträchtlich gesunken. In sechs Jahren, wenn Zollitschs Amtszeit endet, werden sich die Gewichte in der Bischofskonferenz deutlich anders verteilen als heute. Auf dem mächtigen Kölner Erzbischofsstuhl wird ein Neuer sitzen, das Hauptstadtbistum Berlin durch einen Jüngeren an Ausstrahlung und Einfluss gewinnen. 2014 werden die deutschen katholischen Oberhirten ihren nächsten Chef küren. Dann wird es wirklich einen Generationswechsel geben.

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