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Meinung: Kein Satz stimmt

Berlin International Music Festival: „Balladen und Blues“ im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, 16. August Deutsche Professoren schlugen Alarm, weil die eigene Sprache schamlos missachtet werde.

Berlin International Music Festival:

„Balladen und Blues“ im Konzerthaus

am Gendarmenmarkt, 16. August

Deutsche Professoren schlugen Alarm, weil die eigene Sprache schamlos missachtet werde. Wie berechtigt diese Sorge ist, zeigte das Programmheft. Voller Erwartung neigt sich die Besucherin über das Programmheft, will mehr erfahren über Blues und Balladen von Liszt, Grieg, Gershwin, Copland und Barber. „Liszt war selbst einer der größten Virtuosen auf dem Klavier, er vollständig verstanden Potenzial des Instruments und seine Fähigkeiten wahrgenommen in vollem Umfang, die er nie versäumt, in seinen Kompositionen zu erschöpfen“, liest sie da. Wie bitte? Bin ich

meschugge? „Was ist denn das für ein Deutsch?“, raunt mir mein Begleiter zu. Doch es geht weiter in diesem Stil: „Vom umfangreichen Körper Edvard Griegs von Werken für Klavier, hat die Geschichte natürlich, hob die Concerto in a-Moll für eine besondere Behandlung, aber es gibt eine Reihe von anderen musikalischen Kostbarkeiten in den Reihen versteckt.“ Ein Scherz? Leider nicht.

„Jedes Vorspiel ist ein bekanntes Beispiel des frühen 20. Jahrhunderts amerikanische klassische Musik, wie Jazz beeinflusst.“ So werden die drei Préludes von Gershwin auf der nächsten Seite vorgestellt. Aha! „Zwei der verbleibenden Präludien nicht veröffentlicht wurden für Solo-Violine und Klavier neu arrangiert und veröffentlicht als Short Story“, geht es holprig weiter. Kein Satz stimmt. Der Text ist eine einzige Katastrophe. Wir wursteln uns weiter bis zu Coplands vier Blues für Klavier: „Obwohl zusammen als eine Gruppe im Jahr 1949 veröffentlicht wurde jedes Stück einzeln und geschrieben gewidmet zu einem anderen Pianisten Freund von Copland. Trotz des Titels, leiht Copland eher lose von den Blues, mehr evozieren oder einen coolen blauen Stimmung, nicht aber speziell

mit Blues-Harmonien oder Rhythmen.“

Da tappen wir nun völlig im Dunkeln.

Wer schreibt denn so? „Das ist eine

automatische Übersetzung“, stellt mein Begleiter plötzlich fest. Wir atmen geradezu erleichtert auf. Sein Verdacht verdichtet sich bei Barbers Klaviersonate: „Die Eröffnung-Motiv wird während

der gesamten Bewegung in einer Vielzahl von Mustern und Tasten wiederholt, oft verlagert semi-tonal.“ Dass movement in der Musikwelt mit „Satz“ und nicht mit „Bewegung“ übersetzt wird, ist manchem Musikenthusiasten bekannt, und so kommen wir halbwegs klar. Konnten sich die Organisatoren des Berlin International Music Festival kein menschliches Hirn leisten, das in der Lage war, die automatische Übersetzung zu bearbeiten?

Prof. Dr. Susanne Marten-Finnis,

Berlin-Mitte

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