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Meinung: Keine Frist für Hoffnung

Dies ist die Stunde der Wahrheit für Jassir Arafat. 48 Stunden Feuerpause, zwei volle Tage ohne Gewalt - darauf hatten sich Israelis und Palästinenser gegenüber dem amerikanischen Chefvermittler Anthony Zinni verpflichtet.

Dies ist die Stunde der Wahrheit für Jassir Arafat. 48 Stunden Feuerpause, zwei volle Tage ohne Gewalt - darauf hatten sich Israelis und Palästinenser gegenüber dem amerikanischen Chefvermittler Anthony Zinni verpflichtet. Dann aber seien "keine 48 Minuten" vergangen bis zu einer neuen mörderischen Terroroffensive von palästinensischer Seite - so der bittere Kommentar der Israelis.

Dass Israel massive Vergeltung üben wird, stand im Augenblick, als die Bomben explodierten, die Schüsse aus dem Hinterhalt fielen, die Selbstmordattentäter sich in die Luft sprengten, für jedermann fest. Die Frage ist nur, ob Ariel Scharon bei seiner Vergeltung auch Arafats Autonomiebehörde voll treffen will, oder ob er - aus politischen Gründen - die Palästinenserführung erneut nur symbolisch bestraft.

Doch unabhängig vom Ausmaß der israelischen Reaktion steht Arafat mit dem Rücken zur Wand. Die heftige Kritik der letzten Tage, die er aus den USA und erstmals auch von der EU zu hören bekam, wird sich jetzt in einen Orkan verwandeln, der den Palästenserführer zu Fall bringen könnte. Arafat wird - und muss - also nicht nur gegen den Terror, sondern um sein politisches Überleben kämpfen.

Deshalb besteht nun die Chance, dass Arafat seinen Versprechungen endlich auch Taten folgen lässt. Doch es könnte bereits zu spät sein. Die von ihm praktisch unbehelligten Terroristen haben zwar Siedler zum Ziele ihrer Mordattacken gemacht und bewusst Israel und den Verhandlungsprozess angegriffen. Aber diesmal fühlen sich auch die USA betroffen, mehr denn jemals zuvor. Und zwar nicht durch die Terroristen, sondern durch Arafat persönlich.

Dabei hatte es noch während des ganzen gestrigen Tages so ausgesehen, als ob die von Zinni ausgehandelte zweitägige Feuerpause halten könne. Die Voraussetzungen dafür schienen gut: Zinnis Drohung, unverrichteter Dinge abzureisen; der Druck, den Präsident Bush Arafat für diesen Fall angedroht hatte; die erstmalige deutliche Kritik der EU am PLO-Führer; die Bemühungen der palästinensischen Sicherheitsdienstchefs, Arafat zur Waffenruhe zu bewegen.

Dies ist nicht nur die Stunde der Wahrheit für Arafat, dies sind auch die Stunden der palästinensischen Sicherheitsdienste, die nur auf den Befehl von oben warten, um loszuschlagen. Deren Chefs gehören seit längerem zu den mutigsten Kritikern Arafats und dessen "Politik des grünen Lichtes" für Terroristen. Gerade deshalb besteht eine letzte Hoffnung, dass nun endlich der palästinensische Terror - sei er islamistisch oder nationalistisch - gestoppt wird.

Wird jedoch weiter geschossen und gebombt, dann werden wohl die USA ihre Vermittlung aufgeben. Damit wäre die letzte Chance vertan, Israelis und Palästinenser vor dem Abgrund zu retten - einem Abgrund, der Krieg bedeutet.

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