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Keine Subventionen für Zeitungen: Presse ist mehr wert

Die Verlage wollen keine Subventionen, sondern den Eigentumsschutz. Sie wollen ihre Unabhängigkeit bewahren und sich am Markt, auf der Basis von Angebot und Nachfrage, behaupten.

Der Bund überweist jedes Jahr 22 Milliarden Euro ohne direkte Gegenleistungen an private Unternehmen. Der Staat unterstützt auf diese Weise bestimmte Branchen. Der Ökonom und Vorsitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, hat sich in dieser Zeitung präventiv mit einem Appell an die Presseverlage gewandt. Die Medienhäuser sollten aus seiner Sicht trotz mancherorts schwieriger Geschäftslage nicht versuchen, sich ebenfalls unmittelbar subventionieren zu lassen. Staatliche Finanzhilfen, wie etwa die Beihilfe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, könnten die Anreize für mehr Qualität senken und zur bloßen Produktion von möglichst viel Masse verführen. Darin ist ihm zuzustimmen.

Was der Vorsitzende der Monopolkommission offenbar nicht wusste: Zeitungs- und Zeitschriftenverleger in Deutschland lehnen direkte Finanzhilfen grundsätzlich ab. Sie wollen ihre Unabhängigkeit bewahren und sich am Markt, auf der Basis von Angebot und Nachfrage, behaupten.

Die Verlage verlangen stattdessen etwas ganz anderes vom Staat: Er soll für sinnvolle wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen sorgen. Darunter fällt die Achtung der Presse- und Werbefreiheit ebenso wie der faire Wettbewerb und ein umfassender Schutz des geistigen Eigentums – zu Letzterem gibt es einen konkreten Nachholbedarf. Was in der Film-, Fernseh- und Musikbranche längst selbstverständlich ist, muss jetzt auch für die Presseverlage gesichert werden: Ein Schutz des Werkmittlers, das sogenannte Leistungsschutzrecht.

Möglichkeiten zu einem Inhalteklau, also einem unbefugten Kopieren, waren in einer reinen Papierwelt durchaus überschaubar. Dies hat sich mit der Verlagerung redaktionell-journalistischer Arbeit ins Internet geändert: Leicht, schnell und massenhaft können Artikel im Datennetz vervielfältigt, verbreitet und genutzt werden.

Hier sind die Verlage vor bislang unlösbare Probleme gestellt. Ein Beispiel: Ein Internetanbieter hatte 25 000 Texte von den Webseiten zweier überregionaler Zeitungen kopiert und auf die eigene Homepage gestellt. Dort wurden sie kostenlos angeboten und die Reichweite wurde vermarktet. Die betroffenen Verlage gingen vor Gericht. Sie konnten durch die Mithilfe von Autoren exemplarisch für 70 Artikel die jeweils unerlaubte Nutzung beweisen. Die Richter verlangten jedoch auch die Nachweise für die restlichen 24 930 Artikel. Dies hätte bedeutet, hunderte, wenn nicht sogar tausende freie Journalisten in das Gerichtsverfahren einzubinden. Der Aufwand stünde außer Verhältnis zu seinem tatsächlichen Nutzen. Diese Situation ist kein Einzelfall. Die Verlage sind daher gezwungen, mit dem finanziellen Ausfall zu leben. Haucaps lapidarer Hinweis auf das geltende Urheberrecht hilft hier nicht weiter.

Weiterhelfen würde indessen ein eigenes unternehmensbezogenes Leistungsschutzrecht, mit dem die Presseverlage gegen den Missbrauch vorgehen könnten – auch ohne prozessuale Mitwirkung der einzelnen Autoren. Zugleich wäre damit das verlegerische Investitionsrisiko gewürdigt: Der Aufwand für Organisation, Vermarktung, Personal und Vertrieb erzeugt eine Qualitätspresse mit glaubhaften und in der Geschäftswelt als Zitate fähigen Quellen. Dieser Nutzwert für die Wirtschaft ergibt sich erst aus der Verbindung mit der angesehenen Zeitungs- oder Zeitschriftenmarke.

Die Verlage möchten diesen Mehrwert den gewerblichen Nutzern gegen eine Lizenz ermöglichen. Wer das Angebot jedoch ablehnt, zahlt auch nicht und nutzt es nicht. Das Angebot wird sich also nur durchsetzen, wenn die Inhalte qualitätsvoll und relevant sind. Ein solches Lizenzsystem hat gegenüber einer Bezahlschranke den Vorteil, zwischen kostenfreien privaten und kostenpflichtigen gewerblichen Nutzungen unterscheiden zu können.

Das Leistungsschutzrecht hat also weder etwas mit einer Zwangsabgabe wie für die Gebührensender noch mit Subventionen für Verlage zu tun. Der Vorsitzende der Monopolkommission verkennt die Situation in erstaunlichem Maße und geht von falschen Voraussetzungen aus. Presse ist mehr wert.

Der Autor ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).

Dietmar Wolff

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