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Koalition: Steuerkompromiss kennt nur Verlierer

Die Regierungskoalition hat sich auf einen Steuerkompromiss geeinigt – leider. Die steuerliche Entlastung, die die FDP von nun an als ihr Kunststückchen verkaufen wird, ist ein Treppenwitz.

Von Lutz Haverkamp

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gilt als harter Knochen. Aber im aktuellen Steuerstreit mit seiner eigenen Partei und der FDP ist er jetzt eingeknickt. Das ist bedauerlich für Schäuble und für den Steuerzahler. Gleichzeitig muss es den Wähler erschaudern lassen, der sich nun vor einer noch gruseligeren Debatte um eine große Steuerreform für 2012 ff. zu Recht fürchten darf.

Nach einem aberwitzigen Streit darüber, ob etwa jeder zweite Steuerzahler monatlich um bis zu 2,90 Euro entlastet wird, steht nun fest, dass sich die Regierung eine 330 Millionen Euro teuere Imagekampagne für die Wiederbelebung der FDP und damit für den Fortbestand der schwarz-gelben Koalition gönnt. Nichts anderes ist die rückwirkende Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 auf 1000 Euro. Die steuerliche Entlastung, die die FDP von nun an als ihr Kunststückchen verkaufen wird, ist ein Treppenwitz, ein bürokratischer Unfall – immerhin ist sie nicht besonders teuer.

Der politische Schaden ist dennoch immens. Der Finanzminister ist beschädigt. Die Krankenhausaufenthalte hatten ihm die Arbeit im abgelaufenen Jahr ohnehin schon schwer und seine Präsenz in der Öffentlichkeit oft unmöglich gemacht. Doch damals hatte die Kanzlerin ihrem Minister jede Brücke gebaut, damit er nach Gesundung ins Amt zurückkehrt, im Amt bleibt. Heute lässt sie ihn im Gerangel um eine wirkungslose Steuersenkung im Regen stehen, nur um dem arg geschundenen Koalitionspartner FDP einen minimalen Erfolg zu gönnen. Der ist so klein, dass er das selbst gesteckte Ziel von einem niedrigeren, einfacheren, gerechteren Steuersystem nicht wirklich näherbringt. Und glauben wird der FDP die jetzt beginnende „Wir haben uns durchgesetzt“-Show auch niemand.

Schäuble ist jetzt da angekommen, wo einer seiner Amtsvorgänger schon mal war. „Hans, lass mal gut sein“, rüffelte der damalige Kanzler Gerhard Schröder seinen Finanzminister Eichel, als der sich darüber erboste, dass die Kabinettskollegen seinen Sparappellen nicht nachkommen wollten.

Der Anti-Schäuble-Steuerkompromiss zeigt, welche Maßstäbe der schwarz-gelben Politik zugrunde liegen. Haushaltskonsolidierung sei vorrangiges Ziel, betonen Kanzlerin Angela Merkel und – notgedrungen – seit einiger Zeit auch Vizekanzler Guido Westerwelle bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Wahr ist davon gar nichts: Schuldenstand auf Rekordniveau, Neuverschuldung auf Rekordniveau, die Schieflage bei der Generationengerechtigkeit – auf Rekordniveau. Allenfalls die – trotz Schwarz-Gelb – brummende Konjunktur verhindert Schlimmeres.

Schäuble hatte im vergangenen Jahr gute Gründe, sein Amt aufzugeben. Seine Gesundheit muss nicht mal ein Minister für seine Arbeit ruinieren. Jetzt hätte er einen noch besseren Grund. Die Lage würde ein Rücktritt aber nur verschlimmern. Schäuble muss sich durchsetzen. Beim nächsten Mal.

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