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Kontrapunkt: Obama hat keinen Plan, der funktioniert

Ginge es nur ums Reden, würde Obama die Wahl sicher gewinnen. Doch im Präsidentschaftswahlkampf in den USA geht es um etwas anderes. Für die Probleme, die den US-Bürgern unter den Nägeln brennen, hat Obama kein Rezept. Da muss es Mitt Romney nicht schaden, dass er ungelenk auftritt.

Es geht nicht um Mitt Romney, jedenfalls nicht nur. Dass Romney, Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner, unbeholfen und ungelenk auftritt, dass er läppisch handelt und täppisch redet, dass er wetterwendisch wirkt und seine Meinungen wie seine Kleidung zu wechseln scheint – geschenkt. Das kann jeder sehen, lesen, hören, der sich dafür interessiert. Aber das erklärt noch nicht, warum dieser Mitt Romney, 65, in Meinungsumfragen gleichauf mit Barack Obama liegt, vereinzelt sogar führt.

Es geht um Barack Obama. Jedenfalls auch. Er kann seinen Gegenkandidaten beschimpfen, wie er will, ihn als herzlosen superreichen Manager brandmarken, als Produkt der Rechtskonservativen, kann ihm andererseits dessen liberale Zeit als Gouverneur von Massachusetts vorhalten – und wird damit doch immer zugleich auch eigene Defizite deutlich machen. Wenn er weiterredet, dann kann es gefährlich deutlich werden, je länger der Wahlkampf dauert: Nur schön reden kann Obama besser.

Wer allerdings einen solch dreckigen Vorwahlkampf überstanden hat wie Romney bei den Republikanern, der kann noch mehr einstecken, der ist abgehärtet. Obamas Leute verhalten sich interessanterweise wie einst die von George Bush dem Älteren im Kampf gegen einen Demokraten aus Massachusetts, Michael Dukakis. Die Bush-Männer, angeführt von James Baker, versuchten damals, den Gegner als charakterlich ungeeignet dastehen zu lassen.

Nun, die Obama-Leute hatten gerade die Reise von Romney nach Europa und Israel auf dem Schirm; da sollte er es mächtig abbekommen wegen seiner kritischen Haltung London als Olympiastadt und seiner unkritischen Israel gegenüber. In Europa wird das auch als tumb angesehen. In den USA, diesem weiten Land, ist das allerdings bei Weitem nicht zwangsläufig der Fall.

Joe Average, der Durchschnittsamerikaner, im – zum Beispiel – Staat Oklahoma, findet nämlich nur schon, dass die Briten immer so komisch reden; und er wird vielleicht sogar ziemlich gut finden, dass ein erfolgreicher amerikanischer (Olympia-)Manager nicht gleich alles toll findet, was in London passiert. Das finden ja noch nicht einmal alle Londoner.

Oder die völlig unzweideutige Haltung zu Israel: Das wird einigen an der Ostküste wohl ganz gut gefallen, vielen jüdisch-stämmigen Amerikanern zumal. Also alles tumb und obendrein plump?

Aber mehr noch: Außenpolitik entscheidet nicht die Wahl in den USA. Was daheim ist, zählt. Und da sieht es bei Obama immer noch, immer wieder schlecht aus. Im vierten Jahr hintereinander hat sein Haushalt erneut ein gigantisches Defizit, ein Loch von 1,2 Billionen Dollar, umgerechnet sind das 976 Milliarden Euro. Dazu die Arbeitslosigkeit, die auch weiter über acht Prozent liegen wird – und der Präsident hat keinen Plan, der funktioniert.

Er hat ja auch, weil er nur mal Community Organizer im Süden Chicagos war, keinerlei Managementerfahrung. Und auch nie war er in einer Regierung für irgendetwas zuständig. Sein Gegner schon. Romney hat gemanagt, und er hat regiert.

Das waren Ronald Reagans Fragen an die Amerikaner, damals, als er gegen den Demokraten Jimmy Carter ums Präsidentenamt kämpfte, heute sind es die von Romney. Er stellt sie an die Menschen, die Obama von sich für eine Wiederwahl überzeugen will: „Kommen Sie heute besser über die Runden? Ist es leichter, Ihr Haus zu verkaufen oder ein neues zu erwerben? Konnten Sie genug für den Ruhestand zur Seite legen? Verdienen Sie heute mehr? Haben Sie bessere Aussichten auf einen besseren Job? Bezahlen Sie an der Zapfsäule weniger?“ Die Mehrheit der Amerikaner wird alle Fragen mit Nein beantworten.

Carter verlor seine Wahl, die Wiederwahl, auch wegen dieser Fragen. Dazu hatte er kein Glück in der Außenpolitik. Obama hat Glück in der Außenpolitik, er hat einen Friedensnobelpreis und den Skalp von Osama. Aber die Fragen bleiben.

Es geht nicht nur um Mitt Romney, seine Fehler, seine Schwächen. Jedenfalls nicht nur.

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