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Meinung: Kunstraub gibt es nicht erst seit Napoleon

Betrifft: „Verloren – und doppelt zurückgewonnen“ vom 17. Februar 2004 Die Rezension über das Buch von Bénédicte Savoy „Patrimoine annexé“ fand ich sehr anregend.

Betrifft: „Verloren – und doppelt zurückgewonnen“ vom 17. Februar 2004

Die Rezension über das Buch von Bénédicte Savoy „Patrimoine annexé“ fand ich sehr anregend. Zweifelsohne wird hier auf einen wesentlichen Nebeneffekt hingewiesen, den das deutsche Nationalempfinden mit entfacht hat. Dass aber der Kunstraub als politischer Akt mit Napoleon begonnen hat, wie es der Rezensent behauptet, muss zurechtgerückt werden. Schon 1648 wurden die Kulturgüter der Prager Residenz von schwedischen Truppen gebrandschatzt und wie viele böhmische und mährische Bibliotheken behutsam verpackt und nach Schweden verschifft. So sind zum Beispiel sechs Bilder von Giuseppe Arcimboldo in Schwedens Kunstsammlungen gelangt. Auch der in seinem Umfang größte Codex des Mittelalter, der Godex Gigas, gelangte auf diesem Weg zur Königlichen Nationalbibliothek in Stockholm. Motivation war auch hier nicht der Kunstraub an sich, sondern die praktische Vollziehung der philosophischen Aussage von Francis Bacon: „Wissen ist Macht“.

Man könnte noch weiter zurückgehen und einen großen Teil des Reliquienraubes des Mittelalters – der bekannteste davon ist die „Überführung“ der Gebeine der Heiligen drei Könige von Mailand nach Köln im Jahre 1164 – als hochpolitischen Akt betrachten. Napoleons Kunstraub der deutschen Kulturgüter hat zwar eine nachhaltige Bedeutung, aber den Kunstraub als politischen Akt hat Bonaparte nicht erfunden.

Mordechay Lewy, Gesandter der Botschaft des Staates Israel, Berlin

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