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Lebensmittel: Wie grün ist die Grüne Woche?

Selten hat man die Bauern so gut gelaunt gesehen wie bei dieser Grünen Woche. Sie frohlocken über steigende Einkommen. Verbraucher dagegen hat man selten so schlecht gelaunt gesehen. Die Gründe: hohe Preise für Milch, Brot, Butter.

Es ist eine komplett neue, ungewohnte Situation. Lebensmittel sind – gerade in Deutschland mit seinem hohen Discounteranteil – früher immer nur billiger geworden. Bei den Verbrauchern kam das als klare Botschaft an: Essen ist nicht viel wert. Nun ist innerhalb kürzester Zeit der Preis für ein Päckchen Butter stark gestiegen, sogar bei Aldi. Und auch Milch, Brot, Eier, Quark und vieles andere, was täglich auf dem Tisch steht, wurde plötzlich teurer.

Warum das so ist? Banal gesagt: Weil auch Chinesen und Inder immer öfter gut auftischen. Weil sie wohlhabender werden, essen sie mehr Proteine. 20 Kilo Fleisch verspeiste ein Chinese 1985 im Schnitt. Mehr als 50 Kilo waren es bereits im vergangenen Jahr. Dadurch wächst die weltweite Nachfrage nach Getreide.

Aber auch die Amerikaner und ihre Vorliebe für spritschluckende Geländewagen („SUV“) sind schuld. 1995 stieg die US-Regierung in die Förderung von Bioethanol ein. Inzwischen landet ein Drittel der jährlichen Maisernte in den USA in Autotanks. Es lohnt sich also für Bauern, auf riesigen Flächen Mais statt Getreide anzubauen. Es lohnt sich auch, dafür ganze Wälder abzuholzen. Das aber ist Wahnsinn, denn Biosprit ist alles andere als umweltfreundlich. Für die Produktion von einem Liter Ethanol braucht man 4000 Liter Wasser. Das geht an die Ressourcen. In jeder Beziehung. Wir stehen am Anfang eines weltweiten Verteilungskampfes. Die Kontrahenten: Sprit und Lebensmittel. Reiche und Arme. Wenn man den Tank eines SUV nur einmal füllt, hat man so viel Mais verbraucht, dass man davon einen Menschen ein ganzes Jahr lang ernähren könnte.

Auch deutsche Verbraucher lernen bei einem Besuch im Supermarkt mehr über globale Lebensmittelmärkte, als ihnen manchmal lieb ist. Obwohl eine wachsende Zahl von Konsumenten regionale Produkte bevorzugt, werden immer mehr Lebensmittel aus dem Ausland importiert, unter hohem Energieeinsatz. Denn für deutsche Bauern ist es – dank massiver staatlicher Förderung und hoher Beimischungsquoten – viel lukrativer, Mais und Raps für die Autotanks anzubauen statt Möhren und Lauch für den Essenstisch. Auch wenn Agrarminister gerne betonen, wie wichtig die regionale Produktion und nationale Selbstversorgung sind: Davon kann längst keine Rede mehr sein.

Von der Nachfrage nach Rohstoffen könnten viele profitieren. Was aber ist uns wichtiger: billig Essen oder billig Autofahren? Und wäre es nicht sinnvoller, Subventionen in die Forschung nach umweltfreundlicheren Technologien zu stecken statt in die Massenproduktion von Ethanol? Diese Diskussion muss geführt werden – gerade auch bei der Grünen Woche.

Maren Peters

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