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Meinung: Berlin braucht eine vierte Universität

Betrifft: „Widerworte für Wowereit“ vom 1. Dezember 2003 Klaus Schütz rief 1968 im Zorn, dass Berlin zur Not auch ohne Studenten auskommen könne.

Betrifft: „Widerworte für Wowereit“ vom 1. Dezember 2003

Klaus Schütz rief 1968 im Zorn, dass Berlin zur Not auch ohne Studenten auskommen könne. Seither wird diese Idee von den meisten Berliner Landesregierungen in Krisenzeiten hervorgeholt und sine ira et studio ein bisschen ausprobiert – in der realistischen Einschätzung, dass dagegen die Einwände der übrigen Wähler und Steuerzahler geringer sind als etwa bei Erhöhung der Parkgebühren oder Hundesteuern.

Sinkende Studentenzahlen werden von hiesigen Politikern in der Regel nicht bedauert, sondern begrüßt. Schon wahr: 135 000 Studierende, die sich auf 85 000 Studienplätzen drängeln, bestätigen die Attraktivität Berlins, aber sie sind auch das Armutszeugnis der Politik. In Paris gibt es etwa 800 000 Studierende, und kein französischer Politiker, außer den LePen-Leuten, wagt öffentlich zu behaupten, das seien zu viele, obwohl auch dort viele Universitäten ähnlich überlastet und unterfinanziert sind wie bei uns.

Experten, wie Anja Kettner von der TU im Tagesspiegel vom 30. November und Michael Naumann im letzten Kulturjournal des RBB am 28. November, weisen immer wieder nach, dass Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Kunst auch ökonomisch rentabler sind als hochsubventionierte Firmenfilialen, Hauptstadtkampagnen und Tiefbau-Sackgassen. Wenn 30 000 Studierende gehen sollen, verschwinden mit ihnen auch viele wissenschaftliche und kulturelle Dienstleistungen, vom Hochschulpersonal über den Buchhandel bis zu Kinos und intelligenten Mini-Jobs. Wer soll stattdessen nach Berlin gelockt werden? Wer soll in die leer stehenden Innenstadtetagen einziehen? Wer soll hier Geld verdienen und ausgeben?

Statt die Universitäten kaputtzusparen und Theater und Opern zu schließen, schlage ich deshalb vor, für 200 000 Studierende zu planen, über die Gründung einer vierten Universität, z.B. für Lehrerbildung und Pädagogik, und einer vierten Oper, z.B. für außereuropäische Musik, zu diskutieren. Das wäre auch beste preußische Tradition. Die HU wurde bekanntlich in einer Zeit größter politischer und ökonomischer Krisen gegründet.

Hermann Pfütze, Berlin-Nikolassee

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