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Meinung: Die katholische Kirche befindet sich noch im 16. Jahrhundert

Zur Debatte um Papst Benedikt XVI. und die katholische Kirche400 Jahre nach Beginn der Aufklärung lebt die katholische Kirche in vielen bedeutsamen Fragen immer noch im 16.

Zur Debatte um Papst Benedikt XVI. und die katholische Kirche

400 Jahre nach Beginn der Aufklärung lebt die katholische Kirche in vielen bedeutsamen Fragen immer noch im 16. Jahrhundert. Giordano Bruno, ermordet, weil er ein heliozentrisches Weltbild vertrat, ist immer noch nicht von der katholischen Kirche rehabilitiert worden, Frauen sind immer noch unwürdig, das Priesteramt zu bekleiden, für die Priester ist immer noch das Zölibat eine auferlegte Standespflicht und keine freiwillige Entscheidung. Es gibt weitere Beispiele.

Die vielen Appelle, den Papst zu verstehen und ihn in seiner Menschlichkeit zu akzeptieren, verschleiern den immensen Schaden, den sein Verhalten für das Zusammenleben mit dem jüdischen Volk, den davon direkt oder indirekt betroffenen Menschen und der Bekämpfung des Rechtsradikalismus zufügen.

Gerd Maaß, Berlin-Lankwitz

Meiner Meinung nach hat der Papst den einzig richtigen Weg eingeschlagen. Durch die Aufhebung der Exkommunikation hat der Papst einen Dialog mit der Pius-Bruderschaft ermöglicht und somit auch Mittel in der Hand, um Bischof Williamson für seine abstrusen Behauptungen zurechtweisen zu können. Ich finde, der Papst hat mit seiner Entscheidung wesentlich mehr Weitsicht und Offenheit gezeigt, als manch einer der Autoren, die gegen ihn gewettert haben.

Kirsten Voigt, Berlin-Friedrichshain

Warum hackt eigentlich alle Welt auf dem armen Herrn Ratzinger herum? Voraussetzung für die Mitgliedschaft in seinem Verein ist es, fest an etwas zu glauben, das höchst unwahrscheinlich ist - warum also sollte es der Mitgliedschaft entgegenstehen, an etwas nicht zu glauben, das anerkanntermaßen erwiesen ist? Thomas Hasseier, Berlin-Zehlendorf

Die katholische Kirche scheint sich bis heute nie so recht mit dem Holocaust und der eigenen dunklen Rolle auseinandergesetzt zu haben. Oder wie ist sonst ihre eindeutig unklare Haltung zu diesem Thema zu erklären?

Erio Alexander Tsuchiya,

Berlin-Dahlem

„Die neuen Glaubenskriege“

von Malte Lehming vom 9. Februar

Lauter ersatzideologische Gefechte, Scheinfronten, Klischees und Ressentiments – was für eine Gespensterdebatte! Es geht wohl weniger um Glaubensfragen, auch nicht um Glauben oder Nichtglauben. Es geht schlicht darum, in unserem säkularen Staat die in den Menschenrechten und im Grundgesetz verankerten zivilgesellschaftlichen Werte zu bewahren, lebendig zu erhalten und gegen all die Glaubenseiferer zu verteidigen, die weder Lessings Ringparabel noch Kants Aufklärung in Religionsdingen begriffen haben. Es geht nicht um Glauben, sondern um praktische Moral: das Gute und Richtige zu kennen und danach zu handeln, auch ohne Berufung auf eine höhere Instanz.

Im Übrigen: Menschen können durchaus ihren Frieden damit machen, auch ohne Glauben ein menschenwürdiges und erfülltes Leben zu führen – in einer Kultur der Menschlichkeit, bestenfalls im Glauben daran, dass wir im Prinzip vernünftig sein können, und in der Hoffnung, dass alles getan werden sollte, dass wir es sind. Das hieße für die Religionen, dass sie den Anspruch auf Wahrheit ersetzen durch den Anspruch auf Frieden – und das Bündnis mit der säkularen Zivilisation suchen.

Dr. Erhard Schwandt,

Berlin-Waidmannslust

„Deutscher Hochmut“

von Alexander Gauland vom 9. Februar

Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal Angela Merkel in Schutz nehmen würde. Aber das unterscheidet Alexander Gauland von mir und etlichen ökumenischen Freunden: Wo er Angela Merkel deutschen Hochmut unterstellt und ihr vorwirft, sich als „oberste Weltenrichterin“ aufzuspielen, da sind wir ausnahmsweise einmal richtig erleichtert und dankbar für ihren glasklaren Einspruch.

Dabei ist es absurd, wenn Herr Gauland fürchtet, nun würden sich alle Schleusen öffnen für diese oder jene andere Papstschelte. Vielmehr ist der von Deutschen betriebene Holocaust historisch genauso einzigartig wie heute unsere Verantwortung als Deutsche einzigartig und unteilbar ist. Was der Autor also als rein innerkirchlichen Vorgang abtut, sprengt in Wahrheit alle ansonsten mögliche und nötige Staatskirchentrennung. Zum Holocaust kann man schlechterdings nicht diese oder jene indifferente Meinung haben, das weiß auch Herr Gauland. Der Papst ist nun einmal Deutscher wie unsere Kanzlerin und wir. Nur: Was ein Autor wie Alexander Gauland oder ein Pfarrer wie ich zu dem ungeheuerlichen „innerkirchlichen“ Vorgang sagen, gelangt nicht einmal in die Vorhöfe des Vatikans. Die Kanzlerin aber hat den Papst nach ihrer Intervention persönlich ans Telefon gekriegt. Das allein war es wert, dass sie aus ihrem christlich-protestantischen Gewissen keine Kanzlergrube gemacht hat. Ich bin überzeugt davon, dass Frau Merkel quer durch alle Parteien und Konfessionen viele entsetzte und höchst irritierte deutsche Christen und Nichtchristen in ihrem Anliegen mit vertreten hat.

Hartmut Walsdorff, Berlin-Lankwitz

Gauland urteilt, Frau Merkel habe sich als „oberster Weltenrichter“ aufgespielt. Ich sehe das differenzierter. Zwar stimme ich mit ihm überein, dass Merkels Äußerungen „billige Effekthascherei" waren, aber nicht deshalb, weil sie etwas gesagt hat, sondern was! Den Papst aufzufordern, sich klar von den Greueln des Holocaust zu distanzieren, heißt Eulen nach Athen zu tragen. Was Frau Merkel meines Erachtens. hätte sagen sollen, ist, dass sich jeder anständige Deutsche dafür schämt, dass ein deutscher Papst eine kirchliche Entscheidung trifft, die weltpolitisch so gedeutet werden kann, hohe katholische Würdenträger dürfen durchaus den Holocaust leugnen.

Jürgen Schröter, Kleinmachnow

„Ist Gott etwa in der SPD?“

von Harald Martenstein vom 8. Februar

Im Allgemeinen findet fast alles, was Herr Martenstein schreibt, meine Zustimmung. Aber in dem oben genannten Artikel ist der Autor nach meinem Empfinden ein wenig über das Ziel hinausgeschossen, obwohl ich auch hier inhaltlich mit ihm übereinstimme. Den Papst einen Trottel zu nennen ist schon ziemlich verwegen, abgesehen davon, dass argumenta ad hominem immer zu den schwächsten zählen und eines guten Autors nicht würdig sind. Herr Martenstein schreibt doch sonst so hübsch ironisch, satirisch oder mindestens komisch. Also, ich meine, auch ein guter Autor sollte sich nach dem alten Grundsatz (nochmal lateinisch, Verzeihung) richten: "suaviter in modo, fortiter in re".

Dr. Hans Meyer, Berlin-Karlshorst

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