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Meinung: Die Schönheit lässt den Abgrund ahnen

„Tante Marianne muss hierbleiben“ vom 18. Juni 2006 Jürgen Schreibers sachlicher und eben deshalb aufwühlender Artikel zwingt mich zu einigen Bemerkungen.

„Tante Marianne muss hierbleiben“

vom 18. Juni 2006

Jürgen Schreibers sachlicher und eben deshalb aufwühlender Artikel zwingt mich zu einigen Bemerkungen. Zuerst will ich nachdrücklich auf sein Buch „Ein Maler aus Deutschland“ hinweisen. Es ist nach meiner Kenntnis die genaueste und erschütternste Geschichte der Euthanasie-Ermordungen, dargestellt an konkreten Schicksalen, besonders dem von „Tante Marianne“. Dies Bild, in dem die Schönheit den Abgrund ahnen lässt, gehört in der Tat an einen Ort des Gedenkens. Schreiber sagt: „Es ist das Gesicht der Euthanasie.“ Doch in seinem Artikel wie in seinem Buch, dessen Untertitel „Gerhard Richter: Das Drama einer Familie“ den Inhalt genauer trifft als der Titel, kommt auch das Thema der Schulderfahrung in einer Familie zur Sprache.

Diese Täter, wie der zwar als begeisterter Nationalsozialist bekannte, als Arzt aber von vielen als menschlich gelobte Heinrich Eufinger, der an die 900 Zwangssterilisierungen vornahm, waren keine „Monster“. Eufinger war ein liebevoller Vater, und auch als Richter später seinen Schwiegervater kennen lernte, war aufs Erste nichts Unheimliches an ihm zu erkennen. Raul Hilberg hat uns sehen gelehrt, wie aus Bürokraten, aus Wissenschaftlern Verbrecher wurden, die sich auf ihre Pflicht oder auf einen wissenschaftlichen Auftrag beriefen. Und in den Familien war die Verdrängung der Schuld nicht selten eine „Ehrensache“. Es lohnte, sich damit sorgfältig auseinander zu setzen.

Dr. Dr. h. c. Hanna-Renate Laurien (CDU), Berlin-Lankwitz

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