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Meinung: Geteilter Schmerz ist halber Schmerz

Betrifft: „Hart erarbeitete Rente“ im Tagesspiegel vom 24. November 2002 Die Stellungnahme von Marianne Held zeigt überdeutlich, dass offenbar einige nicht verstanden haben, worum es in dem aktuellen Streit geht.

Betrifft: „Hart erarbeitete Rente“ im Tagesspiegel vom 24. November 2002

Die Stellungnahme von Marianne Held zeigt überdeutlich, dass offenbar einige nicht verstanden haben, worum es in dem aktuellen Streit geht. Frau Held stammt offenbar aus der Generation, die wie keine vor ihr die Umbildung unserer Gesellschaft angegangen und vorangebracht hat. Wie nie zuvor stand die Selbstverwirklichung im Vordergrund, alte, überkommene Werte wurden beseitigt. Unter anderem änderte sich auch dauerhaft das Bild von der Familie, und Kinder wurden mehr als zuvor geplant, oder man verzichtete ganz darauf. Die Generation, die jetzt gerade in Rente geht, hat ganz wesentlich den Pillenknick mitgestaltet und uns weniger werdende Kinder und Enkel in diesem Sinne erzogen. Soweit ist das ja auch alles in Ordnung, nur hat die Generation der jetzt angehenden Rentner über Jahrzehnte eines nicht umgestaltet: Nämlich den durch den Pillenknick überkommenen Generationenvertrag der Altersversorgung.

Frau Held: Ich finde es sehr ehrenhaft, dass Sie 45 Jahre lang Beiträge gezahlt haben. Und ich finde es prima, dass Sie damit einen Lebensplan verfolgten. Wissen Sie aber, wie die Lebensplanung meiner Generation aussieht? Sie sagten ja schon wörtlich, dass Sie das einen sch… interessiert, Hauptsache Sie bekämen Ihre Rente. Aber ich sage es trotzdem: Die Generation Ihrer Kinder und Enkel ist auf dem besten Wege, gerade noch Ihre Rente, Frau Held, zu sichern, aber keinen Heller mehr. Wir Jüngeren haben nur geringe Chancen – und die Regierung verringert diese Möglichkeiten für uns zusehends –, selbst etwas für unsere eigene Altersversorgung zu tun.

Auch wir, Frau Held, zahlen treu und brav in die Rentenkassen ein, wohl wissend, dass wir vermutlich später kaum noch etwas selbst aus der Rentenkasse bekommen werden. Dafür dürfen wir aber länger arbeiten und mehr einzahlen als Ihre Generation. Wir werden uns nicht in 45 Jahren hinstellen können und unseren Kindern ein: „Sch…egal, nun zahlt mal!" entgegenschleudern. Wir werden jetzt das System der Altersversorgung umbauen müssen, weg von dem Generationenvertrag, hin zu einer Grundrente und eigener Absicherung. Oder die jetzt junge Generation wird in spätestens 45 Jahren in Armut versinken. Doch das ist Ihnen ja vermutlich sch… egal.

Dieser endlich notwendige Umbau wird Ihrer Generation weh tun, uns Jüngeren jedoch auch. Aber geteilter Schmerz ist halber Schmerz. Frau Held, helfen Sie uns? Dann helfen wir auch Ihnen gerne. Reichen wir uns die Hand!

Thomas Fuhrmann, Mahlow

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