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Meinung: Ostpreußen sollte niemand nachweinen

„Leben aus dem Lederkoffer“ vom 28. Februar 2005 Der Rezensent des sicher wunderschönen Fotobandes der Gräfin Dönhoff nutzt die Gelegenheit, sich auf halber Zeitungsbreite über die „alte Schönheit des vergangenen, verlorenen Ostpreußen“ auszuweinen.

„Leben aus dem Lederkoffer“

vom 28. Februar 2005

Der Rezensent des sicher wunderschönen Fotobandes der Gräfin Dönhoff nutzt die Gelegenheit, sich auf halber Zeitungsbreite über die „alte Schönheit des vergangenen, verlorenen Ostpreußen“ auszuweinen.

Verloren für wen? Polen ist näher als je zuvor, man kann dort billig Urlaub machen und – der Rezensent berichtet – den „neuen Bewohnern“ zusehen, wie sie „sich in der immer noch nicht wirklich angeeigneten neuen Heimat durchzusetzen, voranzukommen versuchen“. Aus der Perspektive des kumpelhaften Deutschen bestätigt sich dann wieder einmal, dass früher eben doch alles besser war. Die Entwässerungskanäle, einst von König Friedrichs I. Soldaten angelegt – „verfallen und überwuchert“. Das ehemalige Gestüt Trakehnen, „wo man einst über sorgfältig gepflegte, umzäunte Wege zwischen Bäumen, Hecken und Rasenflächen spazierte“, heute „nur noch eine von Schutt und Unkraut bedeckte Einöde“. „Ein trauriger Ort!“

Eiapopeia!

Klingt so, als würde der alte Preußenadel, der Steigbügelhalter Hitlers, wieder mal ganz ungeniert verlorenen Privilegien nachjammern. Über das Wie und Warum der „Verluste“ kein Wort. Vielleicht muss der Rezensent noch einmal darüber nachdenken, ob Heimat nicht doch nur in Kindheitserinnerungen liegt.

Thomas Neumair, Berlin-Prenzlauer Berg

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