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Meinung: TOD IM TOTEN WINKEL Wer ordnet Dobli-Spiegel jetzt an?

Unser Leser Ullrich Fries versteht nicht, weshalb der Gesetzgeber nicht schnell reagiert. Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium Iris Gleicke hält nichts von dieser Lösung

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Zu: „Sicherheit für Kinder: Ein Vater spendet Spiegel für Lastwagen“ vom 19. April und „Viele Spediteure wollen jetzt den lebensrettenden Spiegel“ vom 22. April 2004

Die Haftpflichtversicherer haben in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen den Grundsatz der Schadensminderungspflicht. Wenn der „Dobli“-Spiegel nachweislich einen Unfallschaden gemindert oder sogar verhindert hätte, sollte die Versicherung den Schaden, der mit Spiegel nicht entstanden wäre, nicht ausgleichen!

Jeder Betreiber einer Sache, Anlage oder eines Kfz hat dafür zu sorgen, dass das Betriebsrisiko soweit wie möglich gemindert wird. Entscheidend ist der Stand der Technik, der dem Betreiber bekannt sein muss. Wenn er die Gefahrenabwehr nicht nach dem Stand der Technik ausweitet, macht er sich zivil- und strafrechtlich mitschuldig an Schäden, die bei voller Nutzung aller neuen Entwicklungen nicht entstanden wären.

Selbstverständlich sollte auch die Politik reagieren; Herr Stolpe ist als Verkehrsminister wohl zuständig für die Sicherheit auf unseren Straßen. Leider muss ich aber befürchten, dass dann noch viel Zeit ins Land geht, bis der Gesetzesdruck den Lkw-Betreibern den Spiegel aufzwingt. Auf Lkw-Maut warte ich gern noch lange, auf Sicherheit nicht! Vielleicht werde ich ja angenehm enttäuscht!?

Ein mitfühlender Mensch versteht nicht und ein Hinterbliebener wird nie verstehen können: Eine Geldersparnis darf ein Menschenleben kosten. Leben ist keine ausreichende Rechtsnorm! Aber die gleichen Herrschaften gehen hin und kaufen Rostschutz, und zwar bevor ihr potenzielles Mordwerkzeug zu rosten beginnt.

Ullrich Fries, Berlin-Charlottenburg

Sehr geehrter Herr Fries,

der Dobli-Spiegel ist nicht die einfache und preiswerte Patentlösung, als die er in der öffentlichen Diskussion bisweilen gepriesen wird, denn er löst das Problem des „toten Winkels“ nicht zuverlässig und beeinträchtigt zudem die direkte Sicht durch die Windschutzscheibe.

Sollen wir etwa Spiegel mit Nachteilen für die Verkehrssicherheit gesetzlich vorschreiben? Das kann nicht der richtige Weg sein!

Ich habe großes Verständnis dafür, dass die öffentliche Diskussion um den „toten Winkel“ zum Teil sehr emotional geführt wird. Denn Unfälle mit rechtsabbiegenden Lkw haben oft schreckliche Folgen, und das lässt mich überhaupt nicht kalt.

Wir nehmen dieses Problem deshalb sehr ernst. Bereits im Jahr 2001 hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Niederlanden die Initiative für eine neue EU-Richtlinie mit verschärften Anforderungen für die rückwärtige Sicht bei LKW ergriffen. Diese Richtlinie ist im vergangenen Januar in Kraft getreten. Mit ihrer Umsetzung wird der „tote Winkel“ - entgegen anders lautenden Behauptungen von verschiedenen Seiten - weitestgehend ausgeschaltet.

An dieser Richtlinie wird vor allem zweierlei kritisiert: Erstens ist sie erst ab Januar 2007 für neu in den Verkehr kommende Lkw obligatorisch anzuwenden, und zweitens ist keine Nachrüstung der Fahrzeuge vorgesehen, die schon jetzt auf unseren Straßen unterwegs sind. Ich habe deshalb dem Deutschen Bundestag und der Öffentlichkeit im vergangenen Jahr versprochen, mich dieses wichtigen Themas persönlich anzunehmen, und das habe ich getan. Ich glaube, dass sich die Ergebnisse wirklich sehen lassen können.

Wir haben nämlich bereits zum Jahreswechsel mit den Fahrzeugherstellern vereinbart, dass sie spätestens ab dem Februar des kommenden Jahres 2005 neue Lkw laufender Serien - soweit technisch möglich - mit verbesserten Spiegeln ausrüsten.

Um auch - soweit technisch möglich - eine Nachrüstung auf freiwilliger Basis sicherzustellen, haben wir mit den Herstellern außerdem vereinbart, dass sie unverzüglich für den jeweiligen Fahrzeugtyp geeignete Austausch-Spiegelgläser mit größerem Sichtfeld zum Einbau in die vorhandenen Spiegelgehäuse auf den Markt bringen. Wir werden selbstverständlich intensiv dafür werben, dass möglichst alle Lkw-Halter von dieser Möglichkeit der Nachrüstung Gebrauch machen.

Die notwendigen rechtlichen Änderungen sowohl für die vorgezogene Serienausstattung als auch für die Möglichkeit der Nachrüstung haben wir bereits in der Schublade. Niemand soll bitte glauben, dass herzlose und ignorante Politiker hier die Lösung eines wichtigen Problems mit „deutscher Gründlichkeit“ auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Das Gegenteil ist der Fall!

Iris Gleicke (SPD) ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium.

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