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Meinung: Wahrer Mut

„Verhängnis West, Vermächtnis Ost /Lachen ist gesund, Ignoranz weniger:Volker Schlöndorff findet Defa-Filme blöd. Und dreht selbst welche“von Kerstin Decker vom 12.

„Verhängnis West, Vermächtnis Ost /

Lachen ist gesund, Ignoranz weniger:

Volker Schlöndorff findet Defa-Filme blöd. Und dreht selbst welche“

von Kerstin Decker vom 12. Dezember

Es erschreckt mich geradezu, mit welcher Vehemenz in der heutigen Zeit auf Menschen eingedroschen wird, die eine Meinung vertreten, sei sie auch vielleicht eine falsche. Mit der Wucht von 120 Stimmen eine einzige andere niederzubrüllen, das erfordert wahrlich Mut, Gratulation! Wenn das Stimmungsgefüge tatsächlich so ist, bleibt Volker Schlöndorff wohl nur eins: Zurücktreten und sein Amt niederlegen. Aber – hat er denn überhaupt eins? Scheinbar schon, denn sonst würde nicht so laut gebrüllt werden.

Ich kann mir übrigens sehr gut vorstellen, dass man die Defa-Filme, die während Schlöndorffs Zeit in Paris in den Kinos der kommunistischen Partei gezeigt wurden, nicht aus Qualitätsgründen ausgewählt hat, sondern aufgrund ihrer Linientreue. Auch ich habe nach der Wende wunderschöne Defa-Filme gesehen, die ich zuvor nicht sehen konnte. Ein paar wenige hatten es zuvor schon ins Westfernsehen geschafft, meist zu später Stunde in irgendeiner Sparte.

Im Westen war übrigens nichts verboten. Ich bin mit den schrecklichen Schnulzen aufgewachsen, die uns die in der Nazi-Zeit verlorene Unschuld wiederbringen sollten und darauf bin ich mit den 119 anderen, die diesen Brief gerne unterschrieben hätten, wenn ich sie denn gefragt hätte, nicht stolz. Wie die Defa- Schnulzen in der DDR angekommen sind, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich heutzutage unter den idiotischen Filmen aus West- und aus Ostdeutschland der 50er/60er Jahre leiden muss, die das Programm der Sender füllen.

Im Übrigen, liebe 120 Brief-Verfasser, finde ich es toll, dass von den 10 000 DEFA-Filmen einer den Goldenen Bären gewonnen hat. Das zu erwähnen, habt ihr aber doch nicht wirklich nötig, oder?

Martin Schult, Berlin-Prenzlauer Berg

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