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Meinung: Macht und Spiele

Da hatten es einige SPD-Wessis wie Fraktionschef Peter Struck gewagt, die Koalition mit der PDS in Berlin zu kritisieren. Schon bekommen sie die Quittung aus den eigenen Reihen.

Da hatten es einige SPD-Wessis wie Fraktionschef Peter Struck gewagt, die Koalition mit der PDS in Berlin zu kritisieren. Schon bekommen sie die Quittung aus den eigenen Reihen. Von Harald Ringstorff, seines Zeichens Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern und selbst rot-roter Koalitionär. Sein Vorwurf, die PDS-Kritiker wüssten zu wenig über die DDR, ein Vergleich zwischen SED und PDS sei unzulässig, mag man als harmloses Ost-West-Scharmützel abtun. In Wahrheit aber geht es für die SPD um eine Frage von strategischer Brisanz: Wie hältst du es mit den anderen Genossen? Am besten pragmatisch, findet Ringstorff und fordert weitere rot-rote Bündnisse. Denn wo man die PDS vom Regieren ausschließe, werde sie immer stärker.

Dumm ist nur, dass den Sozialdemokraten nach solchen Vorstößen immer die ungeliebte Frage gestellt wird, ob und wann denn eine Koalition auch im Bund möglich sei? Nein, das gehe nicht, "völlig ausgeschlossen" wie Wolfgang Thierse dies nun erneut betont hat. Fast alle SPD-Strategen, Kanzler inklusive, haben sich zumindest offiziell auf diese bequeme Haltung zur PDS verständigt. Aber darf man das: Bundes- und Landespolitik so strickt trennen? Die Bundes-PDS für völlig unfähig erklären und die ostdeutschen Landessozialisten als willkommene Partner liebkosen? Die SPD muss diesen Widerspruch bald auflösen. Mehr und mehr gerät der Umgang mit der PDS zum Problem. Die alte Einzelfallthese ist schon längst unhaltbar. In Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern, jetzt in Berlin, gern auch in Sachsen und Thüringen - wo sich die SPD bislang auf die PDS einlassen konnte, hat sie es getan. Mit sozialdemokratischer Hilfe, leise aber sicher, ist die ach so zahnlose Regionalpartei PDS zu einer bundespolitischen Größe geworden.

Mit jeder Regierungsbeteiligung im Land steigt auch ihr Gewicht im Bundesrat. In Umfragen liegen die Sozialisten bundesweit bei stolzen sieben Prozent, vor den Grünen. Denn da war der Terror und seine Folgen, die gar nicht so schlecht sind für die PDS. Fast über Nacht bescherte der Anti-Terror-Krieg der Partei ein neues Image. Plötzlich war da die Friedenspartei PDS - eine dankbare Rolle: die Stelle war im deutschen Parteiengefüge seit dem Wandel der Grünen vakant. Nun darf die PDS hoffen, nicht länger nur als biederer Anwalt der Ost-Befindlichkeiten wahrgenommen zu werden. Über das Friedensthema, so spekulieren die Genossen, könnte bald schon der ersehnte Durchbruch im Westen gelingen.

Egal wie glaubwürdig die Friedensrhetorik der PDS auch ist. Sie steht stärker da als je zuvor. Und sie ist bereit, mehr Macht zu übernehmen. Die Tage, in denen man lieber in der Opposition bleiben wollte, um weiter meckern zu dürfen, sie sind vorbei. In Berlin haben Gysis Genossen nicht gezögert, selbst die höchst undankbare Rolle des Stadtsanierers zu übernehmen. Auch im Bund hat die PDS wohl keine Berührungsängste mehr mit der Macht.

Auf die Dauer wirkt es unglaubwürdig, die Bundes-Sozialisten als Schmuddelkinder zu beschimpfen, mit denen man nicht spielen darf, wenn man sich dann doch in jeden lokalen Sandkasten mit ihnen setzt. Gewiss, in keiner Landesregierung wird der Posten des Außenministers vergeben. Noch können die Sozialisten also keinen außenpolitischen Unfug anstellen. Die SPD ist dafür verantwortlich, dass dies auch in Zukunft so bleibt.

Markus Feldenkirchen

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