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Meinung: Mazedonien: Das Risiko vor Augen

Es war eine düstere Nachricht, die in den Beginn der entscheidenden Woche der deutschen Mazedonien-Debatte platzte - und manchem schien sie wie ein Menetekel, wie ein böses Zeichen an der Wand. Dass Mazedonier am Montagmorgen einen britischen Soldaten mit einem Betonbrocken getötet hatten, sprach sich in Berlin gerade zu dem Zeitpunkt herum, da die Spitzen der Bundestagsparteien zur Beratung über den Einsatz zusammentraten.

Von Hans Monath

Es war eine düstere Nachricht, die in den Beginn der entscheidenden Woche der deutschen Mazedonien-Debatte platzte - und manchem schien sie wie ein Menetekel, wie ein böses Zeichen an der Wand. Dass Mazedonier am Montagmorgen einen britischen Soldaten mit einem Betonbrocken getötet hatten, sprach sich in Berlin gerade zu dem Zeitpunkt herum, da die Spitzen der Bundestagsparteien zur Beratung über den Einsatz zusammentraten.

Brisant war das Zusammentreffen, weil der Tod des 22-jährigen Ian Collins die Argumentation der Kritiker zu stützen schien, die sich gegen die deutsche Teilnahme an "Essential Harvest" wenden: Wenn große Teile der Bevölkerung in Mazedonien die Nato als Gegner empfindet, so lautet diese Warnung, dann kann das Bündnis auch nichts zum Frieden beitragen.

Zum Thema Online-Umfrage: Soll sich die Bundeswehr am Mazedonien-Einsatz der Nato beteiligen? Chronologie: Auslandseinsätze der Bundeswehr Hintergrund I: Die NATO-Operation "Essential Harvest" Hintergrund II: Tote bei Friedensmissionen auf dem Balkan. Die Aufgaben: Was die Bundeswehr in Mazedonien erwartet. Die Beteiligten: Welches Land wieviel Soldaten nach Mazedonien schickt Vielleicht ist der britische Soldat tatsächlich ein Opfer slawischer Nationalisten geworden, vielleicht hat auch Hass auf die Nato die Jugendlichen auf der Brücke angetrieben. Aber zumindest gibt es bislang keine Hinweise, dass ein Plan oder eine Organisation hinter der Tat standen. Deshalb erschüttert sie nicht das Konzept von EU und Nato, das auf eine allmähliche Aussöhnung der Konfliktparteien in einem Prozess der Deeskalation setzt. Die Nato öffnete denn auch gestern ihre erste Waffensammelstelle.

Vielleicht spricht es für die Ernsthaftigkeit deutscher Politik, dass die Debatte in Berlin gestern unter dem Eindruck der Todesnachricht keine Schlagseite bekam, dass weiter um die Sache gerungen wurde. Aber man muss sich nur kurz vorstellen, wie die Deutschen reagieren würden, wenn es keinen britischen Soldaten, sondern eben einen Deutschen in Mazedonien getroffen hätte. Deutsche Kfor-Einheiten sind schließlich schon lange in dem Land stationiert.

Bislang ist bei deutschen Auslandseinsätzen noch kein Soldat im Gefecht ums Leben gekommen oder von Fanatikern getötet worden. Kein Spitzenpolitiker musste am Flughafen Särge von Menschen abholen, die er in Kämpfe geschickt hatte. Opfer waren zu beklagen - zum Beispiel der Soldat, der bei der UN-Mission in Kambodscha von einem Kriminellen erschossen wurde. Aber Kriminelle und Verkehrsunfälle gibt es auch in Deutschland.

Sicher schützen komplizierte, mit landestypischer Gründlichkeit entwickelte Sicherheitssysteme deutsche Soldaten besser als die manch anderer Nationen. Aber es gehört immer auch Glück dazu, wenn alle Soldaten zurückkommen, die in ein Kriegsgebiet geschickt wurden.

Eine Mehrheit im Bundestag führt für die Beteiligung an "Essential Harvest" gute Argumente an. Dass Deutschland aber damit rechnen muss, für seine eigene Sicherheit und seine Bündnistreue eines Tages auch einen schmerzlichen Preis zu zahlen, daran hat der Tod von Ian Collins erinnert. Das spricht nicht gegen die Mission in Mazedonien. Aber es muss deutlich sein, bevor man sie beschließt.

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