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MEIN Blick: Hase und Igel Die anderen rufen der CDU zu: Sind schon da

Manchmal führt Politikberatung, die sich als Meinungsforschung tarnt, doch recht in die Irre. Nimmt man die Antworten des Kanzlerinnenberaters Jung in dieser Zeitung alles in allem, so hat die Union nur ein Problem mit den Altvorderen und nicht mit der Kanzlerin.

Manchmal führt Politikberatung, die sich als Meinungsforschung tarnt, doch recht in die Irre. Nimmt man die Antworten des Kanzlerinnenberaters Jung in dieser Zeitung alles in allem, so hat die Union nur ein Problem mit den Altvorderen und nicht mit der Kanzlerin. Etwas mehr Politik für junge Leute – was immer das sein mag – sowie das programmatische Profil der Spitzenfrau und schon sind die Schwierigkeiten behoben.

Da könnte ihn jeder x-beliebige Kreisverband eines Besseren belehren. Denn der klassische großstadtferne CDU-Wähler ist keine Heiner-Geißler-Kopie. Er hält den „Türken-Markt“ für eine gastronomische, aber keine kulturelle Bereicherung und Sarrazins Thesen im Gegensatz zur CDU-Frontfrau für äußerst hilfreich. Und die Wehrpflicht tat den jungen Leuten gut, sie kamen von der Straße und lernten etwas Ordentliches. Zwar war die Kernenergie immer undurchschaubar, belastend und fremd, aber schließlich mussten die da oben ja wissen, was richtig und was falsch ist. Und Europa mochte man seit Adenauers und de Gaulles seligen Zeiten, wenn es uns nützt und nicht allzu teuer zu stehen kommt. Für die Sicherheit sorgten die Amerikaner und die Union dafür, dass die Wirtschaft rundlief. Für die Gleichstellung waren die anderen zuständig, Liberale und „Sozen“, wie Helmut Kohl sie noch abschätzig nannte.

Und nun stelle ich mir den Wahlkampf in zwei Jahren vor, in dem an Ständen landauf, landab diese Anhänger zur Wahl ihrer Partei aufrufen sollen. Die Zuwanderung mit ihren Problemen ist kein hilfreiches Thema und seit den Morden in Norwegen ein inkorrektes dazu. Die Landesverteidigung ist eine Baustelle und die Kernkraft wurde erst von der Partei verlängert und als Brückentechnologie gelobt und ist nun auf ewig verdammt. Amerika ist auch nicht mehr was es war und von den übrigen Verbündeten sind wir nicht nur durch Libyen-Resolution und -Einsatz, sondern auch durch den deutschen Sonderweg bei der Kernenergie getrennt. Europa ist dabei, deutsches Geld zu kosten, und Freunde haben wir uns bei der zögerlichen Griechenland-Rettung auch keine gemacht. Ob da eine mögliche Quotenregelung bei Spitzenmanagern der Industrie als Magnet für klassische CDU-Wähler ausreicht, darf bezweifelt werden. Wie sollen Stammwähler überzeugt und Wahlhelfer gewonnen werden, wenn bei allen diesen Themen Grüne, Linke und Sozialdemokraten wie der Igel dem Hasen in der Fabel zurufen können: Wir sind all hier.

Wahlen sind Auseinandersetzungen um den besseren Weg, das bessere Rezept. Wählermobilisierung funktioniert nicht nach dem Motto: Wir sind jetzt auch so glaubwürdig, nachhaltig, grün, feministisch und sozial wie die anderen. Asymmetrische Wählerdemobilisierung würde das Wahlforscher Jung in kleinem Kreise nennen, will sagen, die Union ist so harmlos, dass auch Grüne, Sozialdemokraten und Linke nicht zur Wahl gehen, um ihre Macht zu brechen.

Bleibt dann nur die Frage, wer überhaupt noch hingeht. Demokratischer Streit sieht anders aus, eine lebendige Demokratie auch. Erwin Teufel hat schon recht: Um die Union kann es einem angst und bange werden, und daran ist nicht allein die FDP schuld, wie Geißler meint.

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