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MEIN Blick: Klarheit von der Kanzel

Margot Käßmann hat eine nützliche Debatte entfacht. Die Zweifel der Bischöfin an einer militärischen Lösung in Afghanistan lassen sie nach mehr politischer Fantasie und anderen Wegen rufen. Prompt werden ihr Vorhaltungen gemacht.

Es ist eine merkwürdige Debatte, die da zwischen Frau Margot Käßmann und ihren Kritikern stattfindet, eine Debatte, bei der sich rächt, dass nie so genau definiert wurde, was wir am Hindukusch suchen und wie wir es finden wollen. Denn wenn noch immer gilt, was einst Peter Struck so eindrücklich formuliert hat, dass es dort um die Sicherheit der Bundesrepublik gehe, dann müssten die Kritiker als Erstes sagen, wie und wann dieses Ziel militärisch zu erreichen ist.

Es sind ja gerade die Zweifel der Bischöfin an einer militärischen Lösung, also drastischer ausgedrückt am Sieg der Anti-Taliban-Koalition, die sie nach mehr politischer Fantasie und anderen Wegen rufen lassen. Doch statt sie nach diesen anderen Mitteln und Wegen zu fragen, mit denen sich das Ziel ihrer Meinung nach erreichen lässt, werden ihr alle möglichen nicht zur Sache gehörigen Vorhaltungen gemacht.

Das beginnt beim politischen Gleichklang mit der Linken – als ob eine Position schon deshalb falsch ist, weil Oskar Lafontaine sie vertritt –, reicht weiter über das Totschlagargument, dass auch Hitler ohne Waffen nicht zu besiegen gewesen sei, und endet nicht selten mit einer neuen Zielbestimmung: Wir sind in Afghanistan, um die Menschenrechte durchzusetzen und Mädchen den Schulbesuch zu ermöglichen.

Nun kann man gegen Letzteres nichts haben, außer, dass es auf der Welt mehr Länder gibt, in denen es um die Menschenrechte und den Schulbesuch von Mädchen schlecht bestellt ist. Somalia gehört schon lange dazu, Teile Nigerias nicht minder und der Jemen bald auch. Wenn wir in all den Ländern intervenieren würden, in denen religiöse und andere Benachteiligungen an der Tagesordnung sind, wären Nato und Bundeswehr weltweit ununterbrochen im Einsatz. Das aber ergäbe genau jene Militarisierung, die Frau Käßmann zu Recht beklagt.

Es kann also immer nur darum gehen, ob unser aller Sicherheit durch einen Staat oder auch dessen Auflösung und die Machtübernahme durch aggressive Herrschaftsverbände bedroht ist. Nur in diesem Fall erlaubt auch das Grundgesetz den Einsatz militärischer Gewalt.

Wer den Afghanistan-Einsatz weiter für notwendig hält, muss diesen Zusammenhang mit der Sicherheit Deutschlands herstellen und dartun, wie er sie ausgerechnet in diesem Land militärisch zu gewinnen hofft. Ob darüber hinaus Brücken gebaut werden, Mohn durch Hirse ersetzt wird und Mädchen zur Schule gehen können, mag ein angenehmer menschlicher Nebeneffekt sein. Den Grund dafür, dass deutsche Soldaten Gewalt anwenden, kann er nicht abgeben.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland mag darüber etwas anders denken als ihre Kritiker, aber dass sie mit ihrer Predigt diese Debatte angestoßen hat, war so notwendig wie nützlich.

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