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Merkel und die Länder: Sagt einfach Nein

Öffentliche Häme über diese Koalition, die für ihr Wachstumsgesetz nicht die erforderlichen Mehrheiten organisieren kann, würde bei einem Vermittlungsverfahren reichlich herunterprasseln. Man kann sie Schwarz-Gelb auch nicht ersparen. Ein Unheil wäre das für die Koalition allerdings nicht.

Von Antje Sirleschtov

Und wenn sie nun ganz einfach Nein sagen, die Kanzlerin und ihre Ministerpräsidenten? Nein zu einem Wachstumsgesetz, an dessen Wirksamkeit kaum jemand glaubt. Nein zu einem Milliardengeschenk an Lobbyisten, das sich keiner leisten kann und darf, wegen der Staatsschulden. Und Nein zu dem unwürdigen Geschacher der Landespolitiker, die morgens ihrer Kanzlerin huldigen, um sich das Lächeln am Nachmittag versilbern zu lassen.

Ein solches Mehrfach-Nein zu dem Gesetz, über das am kommenden Freitag im Bundesrat entschieden wird, wäre mutig. Von allen Beteiligten. Angela Merkel und Guido Westerwelle müssten an diesem Sonntag der Kieler CDU-FDP-Landesregierung ins Gesicht sagen, dass sie sich deren Zustimmung in der Länderkammer nicht abkaufen lassen werden. Aus Prinzip. Und die CDU-Ministerpräsidenten, die das schwarz-gelbe Gesetz wegen der Löcher, die es in die Landeshaushalte reißt, so heftig kritisieren: Sie werden bei der Abstimmung standhaft zu ihrer Kritik stehen müssen. Allen voran der CDU-Rebell Peter Harry Carstensen aus Schleswig-Holstein. Auch aus Prinzip.

Öffentliche Häme über diese Koalition, die schon für ihr erstes Gesetz nicht die erforderlichen Mehrheiten organisieren kann, würde bei einem Vermittlungsverfahren reichlich herunterprasseln. Man kann sie Schwarz-Gelb auch nicht ersparen. Ein Unheil wäre das für die Koalition allerdings nicht. Ja, man kann den Regierenden einen solchen Ausgang eigentlich sogar nur wünschen. Denn er käme in vielerlei Hinsicht einer politischen Botschaft gleich, auf die die Menschen im Land in den ersten zwei Monaten der Regierung von Union und FDP vergeblich gewartet haben. Man könnte es Ehrlichkeit nennen. Ein stilles Eingeständnis, dass man in den Wirrnissen der frühen Koalitionstage ein Gesetz allzu eilig auf den Weg gebracht hat, das in der Krise Wachstum beschleunigen soll und das doch über weite Passagen nichts davon enthält, weder bei der Besserstellung von Erben noch bei der Begünstigung von Hoteliers.

Auch Glaubwürdigkeit hätte Schwarz- Gelb nötig. Seitdem man sich fragt, ob dieser Koalition zuzutrauen ist, dass sie wirklich vorhat, eine gerechte Belastung der Steuerzahler mit der dringend erforderlichen und von der Mehrheit der Bürger ersehnten Sanierung der Staatsfinanzen in Einklang zu bringen. Wo sie doch zu Beginn ihrer Regierungszeit erst einmal kräftig Steuern senken will, ohne an anderer Stelle für Mehreinnahmen zu sorgen.

Ein Signal der politischen Hygiene wäre ein Nein allemal. In der CDU-Führung wider das doppelzüngige Geschacher, das Politik zum Basar der Interessen macht und die Menschen abstößt. Und für die FDP: Deren Vorsitzender hat jahrelang dafür gekämpft, seine Liberalen vom modrigen Geruch der Apothekerpartei zu befreien. Und nun hat die gleich zu Anfang mit der sinnlosen, bürokratischen und teuren Mehrwertsteuersenkung auf Hotelübernachtungen nichts anderes getan, als dem Lobbyverband der Gastwirte eine milliardenschwere Subvention zu spendieren. Da hängt er sofort wieder in ihren Kleidern, der Geruch der Klientelpartei.

Viel Kritik gab es für die ersten 50 vermurksten Tage der schwarz-gelben Wunschregierung. Streit, Fehlstart, schlechte Laune. Vielleicht hat ein lautes Nein in so einer Lage ja sogar etwas Gutes. Wie ein Wolkenbruch. Der macht zwar nass. Aber er reinigt die Atmosphäre mitunter auch ungemein.

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